Ungarn:Opposition dringt in TV-Gebäude ein

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Tausende Menschen demonstrierten am Sonntagabend in Budapest. (Foto: Laszlo Balogh/Getty)

Der Protest gegen Regierungschef Orbán reißt nicht ab, 15000 Ungarn gehen auf die Straße.

In Ungarn reißen die Proteste gegen den rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán nicht ab. Mehrere Oppositionsabgeordnete versuchten am Montag am Sitz des öffentlichen Fernsehsenders MTVA in Budapest, eine Erklärung mit Forderungen der Protestbewegung ausstrahlen zu lassen. Der Sicherheitsdienst des Senders entfernte gewaltsam zwei unabhängige Abgeordnete. Das harte Vorgehen rief Empörung hervor.

Auf Facebook erklärten die beiden grünen Parlamentarier Ákos Hadházy und Bernadett Szél, MTVA sei "nicht das Privatfernsehen von Orbáns Fidesz-Partei, sondern das Fernsehen des ungarischen Volks, finanziert durch seine Steuern". Andere sozialistische, liberale und radikale Abgeordnete entgingen nach eigenen Angaben dem MTVA-Sicherheitsdienst und hielten sich am Montag im Gebäude des Senders auf. Für den Abend war eine Großdemonstration vor dem Sendersitz vorgesehen. Die Lage war dort bereits am Mittag angespannt, mehrere Hundert Demonstranten hielten sich vor dem Sender auf, wie AFP-Reporter berichteten.

Die Erklärung greift Forderungen der Protestbewegung auf, die am Sonntag allein in Budapest mehr als 15 000 Menschen auf die Straße gebracht hatte. Zu der Kundgebung hatten Opposition und Gewerkschaften aufgerufen. Auch in anderen Städten wie in Szeged gab es Demonstrationen. Sie richteten sich unter anderem gegen das neue Arbeitszeitgesetz. Es erlaubt Unternehmern, von ihren Beschäftigten bis zu 400 Überstunden pro Jahr zu verlangen und Gehaltszahlungen hinauszuzögern. In der Hauptstadt setzte die Polizei am Sonntagabend Tränengas gegen die Demonstranten ein, diese warfen Rauchgranaten in Richtung der Ordnungskräfte.

Es war bereits die vierte Kundgebung innerhalb weniger Tage gegen das Gesetz. Die Demonstranten verurteilten die Neuregelung als "Sklavereigesetz". Sie waren einem Protestaufruf von Oppositionsparteien gefolgt, die von den Grünen über Sozialisten und Liberale bis hin zu extrem rechten Parteien ein breites ideologisches Spektrum vertreten. Das Parlament hatte das Gesetz am Mittwoch verabschiedet. Die Proteste richten sich auch gegen ein Gesetz für neue "Verwaltungsgerichte". Diese sollen von Justizminister László Trócsányi beaufsichtigt werden, einem engen Verbündeten des Regierungschefs. Kritiker warnen vor einem übermäßigen politischen Einfluss auf das Justizsystem.

© SZ vom 18.12.2018 / AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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