UN-Initiative gegen Korruption:Kontopfändung bei Diktatoren

Lesezeit: 2 min

Der frühere nigerianische Machthaber Sani Abacha soll während seiner Regierungszeit Milliarden Dollar beiseitegeschafft haben - er ist kein Einzelfall. UN und Weltbank wollen nun den Zugriff auf gestohlenes Vermögen erleichtern.

Markus Balser

Als "einen der korruptesten Landstriche unter der Sonne, dreckig, laut und unaufrichtig" hat der Schriftsteller Chinua Achebe seine Heimat Nigeria einst beschrieben. Jahrelang führte das Land die Weltrangliste der korruptesten Staaten an: Besonders jene Militärangehörigen, die seit Nigerias Unabhängigkeit 1960 mit kurzen Unterbrechungen bis 1998 herrschten, kannten bei der Plünderung des ölreichen Staates keine Skrupel.

Sani Abacha, letzter und wohl schamlosester Diktator, soll mit seiner Familie drei bis fünf Milliarden Dollar beiseitegeschafft haben. Insgesamt, so schätzen die Vereinten Nationen, hat der nigerianische Geldadel eine zweistellige Milliardensumme auf ausländischen Konten versteckt.

Rohstoffreich und doch bettelarm? Wer nach Gerechtigkeit suche, werde in Afrika selten fündig, klagte Weltbank-Präsident Robert B. Zoellick in der Zentrale der Vereinten Nationen in New York zum Start einer neuen Initiative gegen Korruption. Jedes Jahr würden Regierungsvertreter in der Dritten Welt mit 20 bis 40 Milliarden Dollar geschmiert - 20 bis 40 Prozent dessen, was die Länder pro Jahr an Entwicklungshilfe erhielten.

Mit verheerenden Folgen: "Korruption untergräbt die Demokratie, verletzt Menschenrechte und kann sogar töten", warnt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon - zum Beispiel beim öffentlich gedeckten Pfusch mit Medikamenten. Besonders drängend seien die Probleme in Afrika, wo nach UN-Angaben 25 Prozent des Bruttosozialprodukts in dunklen Kanälen verschwinden.

Problem Bankgeheimnis

Gemeinsam stellten Ban Ki Moon und Zoellick ein neues Programm zur "Rückführung gestohlener Vermögen" vor. "Es darf kein sicheres Versteck mehr für das Geld der Armen geben", forderte Zoellick. Er will Regierungen der Dritten Welt technisch und finanziell beim Aufspüren illegaler Milliarden unterstützen.

Noch immer erschweren es rechtliche Hürden wie das Bankgeheimnis, manchem Vermögen auf die Spur zu kommen. So dauerte es 18 Jahre, bis die Philippinen 624 Millionen Dollar des Ex-Diktators Ferdinand Marcos zurückbekamen, die auf Schweizer Bankkonten lagerten. Die neue nigerianische Regierung kämpfte nach dem Ende der Diktatur immerhin fünf Jahre um 500 Millionen Dollar aus dem Abacha-Vermögen in der Schweiz.

Das zurückgegebene Geld soll, so das Ziel der Initiative, Entwicklungsprojekten zugutekommen. Schon 100 Millionen zurückgeholte Dollar würden die Impfung von vier Millionen Kindern, die Trinkwasserzufuhr für 250.000 Haushalte oder die Behandlung von 600.000 Aidskranken sicherstellen. Doch ohne die Hilfe der Reichen, betonte Zoellick, bleibe der Kampf aussichtslos. Die Industrienationen sollten deshalb mehr gegen Korruption tun.

"Das ist nicht nur ein Problem der Armen, denn oft landet das Geld in den reichsten Staaten der Erde", sagte Zoellick. Die weltweit wichtigsten Finanzzentren müssten endlich mehr Transparenz schaffen. Denn noch immer haben nur 92 Länder die UN-Konvention gegen Korruption von 2005 ratifiziert.

Von den G-8-Ländern hätten Deutschland, Kanada, Italien und Japan noch nicht unterschrieben, kritisierte Zoellick. UN und Weltbank arbeiten mit dem neuen Aktionsprogramm auch am eigenen Image. Denn den beiden internationalen Organisationen war zuletzt von unabhängigen Prüfern vorgeworfen worden, den Kampf gegen Korruption nur halbherzig zu führen.

© SZ vom 19.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: