Umweltpolitik:Deutschland könnte Klimaziel verfehlen

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Die Pläne des Kabinetts zum Klimaschutz greifen offenbar zu kurz - wie neue Berechnungen nahelegen.

Michael Bauchmüller

Die Kabinettspläne für den Klimaschutz werden offenbar nicht genügen, um die deutschen Klimaziele zu erreichen. Das geht aus Berechnungen des Nürnberger Ecofys-Instituts hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Im Auftrag von Greenpeace hatte Ecofys für jedes einzelne Vorhaben der Bundesregierung überschlagen, wie viel Treibhausgase sich maximal damit einsparen lassen.

Ergebnis: Selbst im Idealfall würde Deutschland mit den Plänen nicht genügend Kohlendioxid einsparen, um sein Klimaziel für 2020 zu erreichen. Die Bundesrepublik will sich verpflichten, 40 Prozent weniger Treibhausgase zu emittieren, sofern andere Länder mitziehen. Dazu müsste sie jährlich 260 Millionen Tonnen CO2 weniger ausstoßen als heute.

Im besten Falle käme Deutschland nun auf ein Minus von 215 Millionen Tonnen, vermutlich werden es aber weit weniger sein, schreibt das Institut. Dies ändere allerdings nichts daran, dass der bisherige Entwurf "eine Vielzahl von begrüßenswerten Vorschlägen enthält".

Das Eckpunktepapier umfasst bislang 30 Punkte, die zum Teil noch umstritten sind. So sollen Häuser künftig besser gedämmt sein, Kraftwerke sollen mehr aus den fossilen Rohstoffen holen, Autos weniger Kohlendioxid ausstoßen. Das Paket will das Kabinett gleich zu Beginn seiner Klausursitzung im brandenburgischen Meseberg behandeln, also noch am kommenden Donnerstag.

Die Bundesregierung selbst hat bisher keine Schätzungen über die Klimafolgen verschiedener Vorhaben abgegeben. Der genaue Effekt lasse sich oft nur schwer quantifizieren, heißt es im Bundesumweltministerium. Verfehlt das Programm sein Ziel, soll es nachjustiert werden.

"Das Eckpunktepapier ist ein Anfang, aber nicht ausreichend"

Nach Erhebungen des Nürnberger Instituts könnte vor allem der Ausbau erneuerbarer Energien helfen, das Klima zu schützen, gleich gefolgt von besserer Wärmedämmung in Häusern. Doch Umweltschützern ist das nicht genug: "Das Eckpunktepapier ist ein Anfang, aber nicht ausreichend", sagte Karsten Smid von Greenpeace. Ähnlich sieht es die Deutsche Umwelthilfe. "Es droht die Flucht der Koalition in folgenlose Symbolpolitik", mahnte der Verband.

Das Umweltministerium nahm die Pläne in Schutz. "Bevor die professionellen Erbsenzähler erzählen, was alles nicht in dem Pakt steht", sagte ein Ministeriumssprecher, "kann ich nur raten, einmal zu lesen, was alles drinsteht". In dieser Tiefe habe es Klimapolitik "noch nie gegeben". Der Streit zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium über Einzelheiten des Programms geht derweil weiter. So hatten sich beide Häuser zwar schon darauf geeinigt, Steuernachlässe für Großverbraucher in der Industrie davon abhängig zu machen, dass die Unternehmen sich professionellen Rat für die Energieeinsparung holen.

Dies lehnt das Wirtschaftsministerium nun aber ab. Strittig ist auch weiterhin, wie der Ausbau hocheffizienter Heizkraftwerke künftig gefördert werden soll. Das Umweltministerium will deren Verbreitung forcieren. Zuvor hatte auch die Industrie Bedenken gegen Teile des Regierungspakets geäußert. Die "wirtschaftliche Machbarkeit" der deutschen Klimaschutzziele sei "fragwürdig", heißt es in einer Stellungnahme des Industrieverbandes BDI. Die Eckpunkte besäßen "einen teilweise sehr dirigistischen und planwirtschaftlichen Ansatz", schrieb der Verband weiter.

Auch innerhalb der Unionsfraktionen wachsen die Vorbehalte gegen die Meseberg-Eckpunkte. "Vieles in dem Paket sieht sehr nach Gängelung aus", sagte Unions-Fraktionsvize Katherina Reiche der SZ. "Wenn wir Leute dazu bewegen, ihre Nachtspeicheröfen herauszureißen, bringt das zwar einen Aufschrei, aber wenig für den Klimaschutz." Das Klimaschutzpaket sieht einen Austausch von Elektroheizungen binnen zehn Jahren vor. Sie gelten als besonders ineffizient.

© SZ vom 21.08.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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