Türkisch:Sprachliche Gerechtigkeit

Gendern / international (Foto: SZ-Grafik)

Von Christiane Schlötzer

Wer Türkisch lernt, muss sich daran gewöhnen, dass Wörter in die Länge wachsen: Das Haus heisst ev, die Häuser evler, meine Häuser evlerim, aus meinen Häusern evlerimden. Ob es das, der oder die Haus heißt, ist egal, es gibt keine bestimmten Artikel, und für den unbestimmten reicht eine Form: bir, eins. Insofern herrscht sprachliche Gerechtigkeit, was nicht bedeutet, dass Wörter kein verstecktes Geschlecht hätten. Wer mühendis (Ingenieur) hört, wird erst mal an einen Mann denken, ebenso wie bei Zusammensetzungen wie: adam (Mann) und bilim (Wissenschaft) zu bilim adami (Wissenschaftler). Es gibt hier aber einen einfachen Ausweg: Bilim kadini (kadin - Frau). Leidgeprüfte türkische Feministinnen sind geübt darin, mit sprachlichem Witz zu kontern: Auf Sprüche wie: "Die Frau ist eine Blume", antworten sie: "Eine Frau ist eine Frau, die Blume ist dein Vater."

© SZ vom 12.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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