Türkei:Zeichen der Solidarität

Deutsche Literaten bei der Buchmesse in der Türkei? Ja!

Von Sonja Zekri

Es gibt ein untrügliches Zeichen dafür, ob deutsche Kulturschaffende in schwierige, autoritäre, ja, autokratische Staaten reisen sollten, ob es beispielsweise vertretbar war, dass deutsche Schriftsteller und Verleger zur Buchmesse nach Istanbul gefahren sind. Man muss nur die Künstler und Literaten jenes Landes fragen, in diesem Falle der Türkei. Wünschen sie sich den Austausch, die Solidarität ihrer Kollegen, dann ist ein Besuch sinnvoll und sogar geboten.

Die Reise der deutschen Delegation ist für die türkischen Literaturschaffenden der Beweis, dass ihre Kollegen sie nicht abgeschrieben haben, dass sie für die Welt der Kunst und der Literatur nicht verstummt sind, dass sie und ihre Werke weiterhin gehört werden.

Es gibt Gegenbeispiele: Günter Grass' hochgesicherte Luxusreise durch Jemen war einst vor allem ein propagandistischer Triumph für den damaligen Diktator Ali Abdullah Saleh. Und gewiss sollte man die Wirkung des deutschen Besuchs in Istanbul nicht überschätzen. Die deutschen Verleger und Schriftsteller können dem Rad der Repression nicht in die Speichen greifen. Es mag Zeiten geben, wenn der letzte türkische Journalist mundtot gemacht, der letzte Schriftsteller eingesperrt worden ist, wenn niemand außer den Unterdrückern eine deutsche Delegation empfangen wird. Dann wäre eine solche Reise nichts als ein Geschenk an die Diktatoren. Aber so weit ist es noch nicht.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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