Türkei:Tote bei schwerem Bombenanschlag in Ankara

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Bei einer heftigen Bombenexplosion in einem Touristenviertel von Ankara sind am Dienstagabend sechs Menschen getötet mehr als 100 verletzt worden. Spuren von Sprengstoff deuten auf PKK-Täter hin.

Kai Strittmatter

In einem der belebtesten Viertel der türkischen Hauptstadt Ankara ist am Dienstagabend eine Bombe explodiert. Nach Angaben von Premierminister Tayyip Erdogan tötete die Explosion mindestens sechs Menschen und verletzte 100. Entgegen erster Berichte sei kein Pakistaner unter den sechs Todesopfern, sagte Außenminister Abdullah Gül.

Medien berichteten unterdessen, dass die Polizei acht Menschen in Zusammenhang mit der Tat festgenommen habe. Die Ermittler waren zunächst nicht für einen Kommentar zu erreichen.

Ein Bekennerschreiben gab es zunächst noch nicht, doch hatten türkische Medien zuvor berichtet, die Polizei habe am Tatort Spuren des Plastiksprengstoffes A-4 entdeckt. Die türkischen Sicherheitskräfte hatten in den vergangenen Monaten bei Razzien mehr als 200 Kilogramm dieses Bombenmaterials bei Anhängern der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK festgestellt.

Die Bombe war an einer Bushaltestelle vor einem Einkaufszentrum im Stadtviertel Ulus explodiert. "Es ist ein schrecklicher Anblick", sagte Bürgermeister Melih Gokcek. Zeugen berichteten von Körperteilen, die durch den Druck der Explosion durch die Luft geschleudert wurden. Bis zum Abend nahm die Polizei sieben Leute in Gewahrsam und ließ verbreiten, sie suche ein rotes Fahrzeug.

Anschlagsserie von Extremisten

Nicht nur Premier Erdogan machte sich am Ort des Attentats selbst ein Bild: Das Fernsehen zeigte auch Generalstabschef Yasar Büyükanit vor Ort. Die Explosion kommt zu einem politisch heiklen Zeitpunkt: Die Beziehungen zwischen Regierung und Armee sind gespannt wie selten. Ende April hatte die Armee mit einem Warnbrief geholfen, den Präsidentschaftskandidaten der regierenden AKP, Abdullah Gül, scheitern zu lassen. Die Türkei steht vor Neuwahlen am 22. Juli.

Die Armee misstraut der AKP nicht nur wegen ihrer Herkunft aus dem islamischen Milieu, sie hat der Regierung auch mehrfach vorgeworfen, nicht hart genug gegen kurdische Terroristen vorzugehen. Büyükanit sagte am Dienstagabend, man müsse sich nun darauf konzentrieren, "wer den Terror nährt".

Der Armee werden Pläne zu einem militärischen Eingreifen im Nordirak nachgesagt. Dorthin ziehen sich PKK-Kämpfer immer wieder zurück. Die Regierung stand einem solchen politisch riskanten Abenteuer bislang skeptisch gegenüber.

In letzter Zeit haben Extremistengruppen wiederholt Bomben gezündet. Vergangenes Jahr erschütterte eine Anschlagsserie kurdischer Aufständischer türkische Ferienorte, mehr als ein Dutzend Menschen starben. 2003 wurden bei Anschlägen in Istanbul, die al-Qaida zugeschrieben wurden, 32 Menschen getötet. Wenige Tage zuvor hatten sich Selbstmordattentäter mit ihren Autos vor zwei Synagogen der Stadt in die Luft gesprengt und 30 Menschen mit in den Tod gerissen.

© SZ vom 23.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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