Türkei:"Recht, Justiz, Gerechtigkeit"

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Oppositionsührer Kılıçdaroğlu und Hunderttausende Demonstranten fordern in Istanbul ein Ende des Ausnahmezustands.

Zum Abschluss eines mehr als 400 Kilometer langen Protestmarsches hat der türkische Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu vor Hunderttausenden Demonstranten eine Aufhebung des Ausnahmezustands in seinem Land gefordert. "Wir wollen, dass alle antidemokratischen Praktiken enden", sagte Kılıçdaroğlu, Chef der größten Oppositionspartei CHP. Dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan warf er vor, die Justiz zu beeinflussen. Die Gerichte würden ihre Entscheidungen "auf Anweisung des Palastes treffen", sagte er vor jubelnden Anhängern in Anspielung auf Erdoğans Präsidentenpalast. "Wir sind marschiert, für die Gerechtigkeit, die es hier nicht gibt", rief er bei der Kundgebung im Istanbuler Stadtteil Maltepe.

Die Demonstranten skandierten "Recht, Justiz, Gerechtigkeit" und schwenkten türkische Fahnen. Nach Angaben regierungskritischer Medien nahmen an der Kundgebung mehr als hunderttausend Menschen teil. Der CHP-Abgeordnete Özgür Özel bezifferte die Teilnehmerzahl nach Angaben des Senders CNN Türk auf 1,6 Millionen. Die Veranstaltung fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. CNN Türk berichtete unter Berufung auf den Gouverneur von Istanbul, 15 000 Polizisten seien im Einsatz gewesen.

Der 68-jährige Kılıçdaroğlu hatte den "Gerechtigkeitsmarsch" von Ankara nach Istanbul am 15. Juni im Güvenpark der Hauptstadt gestartet. Anlass war die Verurteilung des CHP-Abgeordneten Enis Berberoğlu zu 25 Jahren Haft wegen Geheimnisverrats. Der Marsch gewann dann an Zulauf, zeitweise marschierten Tausende mit Kılıçdaroğlu Richtung Istanbul. Erdoğan hatte den Protestmarsch scharf kritisiert und Kılıçdaroğlu vorgeworfen, mit Terrororganisationen zusammenzuarbeiten.

Der CHP-Chef und seine Unterstützer kritisieren die Politik Erdoğans und der islamisch-konservativen AKP-Regierung und vor allem die Maßnahmen nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016. Alle inhaftierten Journalisten und Abgeordneten müssten freigelassen werden, fordert Kilicdaroglu. Die im April mit knapper Mehrheit gebilligte Verfassungsreform müsse zurückgenommen werden. "Wir werden die Mauern der Angst niederreißen. Der letzte Tag unseres Marschs für Gerechtigkeit ist ein neuer Anfang." Seine Bewegung werde weitergehen, bis alle Forderungen erfüllt seien.

© SZ vom 10.07.2017 / dpa , AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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