Türkei:Peter Steudtner freigesprochen

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Der Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Ein Gericht in Istanbul entlastet den deutschen Menschenrechtler.

Von Tomas Avenarius, Istanbul

Der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner ist von einem Gericht in Istanbul freigesprochen worden. Sechs weitere mitangeklagte Menschenrechtler wurden im berüchtigten Büyükada-Prozess von den Vorwürfen der "Unterstützung einer Terrororganisation" entlastet. Vier der insgesamt elf Angeklagten bekamen Haftstrafen. Freigesprochen wurde neben Steudtner auch ein Schwede. Bei den zu Haft Verurteilten handelt es sich um türkische Staatsangehörige. Mindestens zwei von ihnen sind in der Türkei für die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) tätig gewesen.

Amnesty und Steudtner hatten vor Beginn des letzten Prozesstages Freisprüche für alle elf Angeklagten gefordert. Nur dies täte "der Gerechtigkeit den Angeklagten gegenüber Genüge, gegen die bodenlose Terrorvorwürfe erhoben worden sind", hatte AI erklärt. "Alle Versuche der Staatsanwaltschaft, legale Menschenrechtsarbeit als illegale Handlungen darzustellen", seien gescheitert. Steudtner hatte zuvor im Deutschlandfunk die türkische Justiz als willkürlich kritisiert.

Am härtesten fiel die Strafe für den Ehrenvorsitzenden und früheren Chef von AI in der Türkei aus: Taner Kılıç bekam eine Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten wegen "Mitgliedschaft in einer Terrororganisation". Drei weitere Angeklagte bekamen wegen "Unterstützung einer Terrororganisation" kürzere Haftstrafen. Unter ihnen ist auch der Türkei-Direktor von AI.

Ähnlich wie der Fall des ebenfalls unter Terrorvorwürfen lange inhaftierten deutschen Welt-Korrespondenten Denis Yücel hatte Steudtners Schicksal das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara von Mitte 2017 an schwer belastet. Das sogenannte "Büyükada-Verfahren" hatte auch international Kritik ausgelöst.

Die elf Menschenrechtler waren im Juli 2017 bei einem Menschenrechts-Seminar auf der Insel Büyükada nahe Istanbul festgenommen worden; Steudtner und der Schwede Ali Gharavi waren bei dem Workshop als internationale Experten eingeladen gewesen. Allen Festgenommenen wurde die "Mitgliedschaft oder die Unterstützung einer Terrororganisation" vorgehalten. Gemeint war das Netzwerk des islamistischen Predigers Fetullah Gülen, den die türkische Regierung und die Justiz für den gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli 2016 verantwortlich macht. Die Menschenrechtler kamen erst zu Prozessbeginn im Oktober 2017 wieder frei. Steudtner reiste nach Deutschland aus und nahm am Prozess nun auch nicht teil.

© SZ vom 04.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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