Türkei:Hart bleiben!

Es gibt ein Druckmittel gegen Erdoğan jenseits des EU-Beitritts.

Von Mike Szymanski

Zueinander passen wollen sie einfach nicht, die "neue Türkei", die Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan anstrebt, und die EU. Das weiß Erdoğan längst, weshalb es ihm ziemlich egal ist, ob Brüssel die Beitrittsverhandlungen mit seinem Land aussetzt oder beendet. Er zeigt kein ernsthaftes Interesse mehr daran, die Türkei zur Vollmitgliedschaft zu führen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die EU jeden Einfluss auf das Land und seine Führung verloren hätte.

Was die Herrschenden in Ankara in jüngster Zeit wirklich in Rage versetzt hat, war die Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, den geplanten Ausbau der türkisch-europäischen Zollunion zu stoppen. Seit 1996 können die EU und die Türkei Industriegüter praktisch zollfrei handeln. Das Abkommen hat maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufschwung unter Erdoğan beigetragen. Die Ausweitung auf landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen könnte der mittlerweile schwächelnden Wirtschaft der Türkei jenen Impuls geben, den sie so dringend bräuchte.

Noch glaubt Erdoğan, die Bundesregierung mache sich nur wegen der anstehenden Wahlen wichtig. Danach könne man wieder Geschäfte machen, als wäre nichts gewesen. Es ist Zeit, ihm klarzumachen: Solange Europäer willkürlich in türkischen Gefängnissen festgehalten werden, kann es keine vertiefte Zollunion geben - auch nach der Wahl nicht.

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: