Türkei:Einlenken im Weihnachtsstreit

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Weihnachten fällt nicht aus: Das christliche Fest darf am "Istanbul Lisesi" nun doch im Unterricht behandelt werden. (Foto: Linda Say/dpa)

Das christliche Fest darf am Istanbul-Gymnasium nun doch Unterrichtsthema sein.

Im Streit um Weihnachten an der deutsch-türkischen Elite-Schule Istanbul Lisesi kann das christliche Fest nun doch im Unterricht behandelt werden. "Nach gemeinsamer Sitzung zwischen der türkischen Schulleitung und der Leitung der deutschen Abteilung kann ich Ihnen mitteilen, dass kein Verbot, Weihnachten im Unterricht zu besprechen, vorliegt", hieß es am Montag in einer E-Mail der deutschen Abteilungsleitung an die deutschen Lehrer, die der dpa vorliegt.

Am vergangenen Dienstag hatte die Leitung der deutschen Abteilung noch in einer E-Mail geschrieben: "Es gilt nach Mitteilung durch die türkische Schulleitung eben, dass ab sofort nichts mehr über Weihnachtsbräuche und über das christliche Fest im Unterricht mitgeteilt, erarbeitet sowie gesungen wird." Die vom Bildungsministerium in Ankara eingesetzte türkische Schulleitung dementierte am Sonntag, dass sie ein Verbot ausgesprochen habe. Allerdings hätten die deutschen Lehrer im Unterricht "vor allem in den letzten Wochen Texte über Weihnachten und das Christentum auf eine Weise behandelt, die nicht im Lehrplan vorgesehen ist".

Die derzeit 35 deutschen Lehrer des Istanbul Lisesi werden von der Bundesrepublik entsandt und aus Steuermitteln bezahlt, was auf eine jährliche Förderung in Millionenhöhe hinausläuft. Das Elite-Gymnasium wird von türkischen Schülern besucht, ist aber eine anerkannte deutsche Auslandsschule. Nach Bekanntwerden der ersten E-Mail am Sonntag hatten in Deutschland Politiker scharfe Kritik am Umgang der Schule mit dem Weihnachtsfest geübt. Offensichtlich habe sich Erdoğan in den Kopf gesetzt, "auch die letzten Reste an religiöser und ethnischer Vielfalt gründlich auszumerzen, wenn er sich selbst von harmlosen Weihnachtsliedern in seiner Herrschaft bedroht fühlt", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sah in dem Vorgang einen Beleg dafür, dass Erdoğan das Land auf einen "intoleranten, konservativ-islamischen Weg" schicke. Der türkische Abgeordnete Mustafa Şentop von der regierenden AKP wiederum warf den deutschen Lehrern "Missionierung" vor. "In einer Staatsschule kann die religiöse/politische Propaganda des deutschen Staates gegenüber Kindern dieses Landes nicht gestattet werden", twitterte er.

Die Bundesregierung stellt die Entsendung deutscher Lehrer an das Istanbul Lisesi nicht infrage. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte, er rechne damit, dass selbstverständlich im Unterricht über deutsche Weihnachtsbräuche gesprochen werden könne. Regierungssprecher Steffen Seibert warnte, dieser Fall eigne sich nicht als Ausgangspunkt für eine Debatte über die gesamte Türkei-Politik der Bundesregierung.

© SZ vom 20.12.2016 / AFP, DPA, KNA - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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