Türkei:Beschwerde gegen Haft

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Der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner zieht vor das türkische Verfassungsgericht. Seit Anfang Juli sitzt der 46-jährige Berliner in Istanbul in Haft. Nun konnte ihn der deutsche Botschafter Martin Erdmann erstmals im Gefängnis besuchen.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Die Anwälte des in der Türkei inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner ziehen vors türkische Verfassungsgericht. Wie einer seiner Verteidiger am Dienstag der Süddeutschen Zeitung sagte, hätten sie in seinem Namen Beschwerde gegen die Haftentscheidung eingereicht. Untere Instanzen hatten zuvor Widersprüche gegen die verhängte Untersuchungshaft zurückgewiesen. Steudtner, sein schwedischer Kollege Ali Gharavi und acht türkische Menschenrechtler waren am 5. Juli bei einem Seminar in Istanbul festgenommen worden. Gegen acht der insgesamt zehn Beschuldigten wurde danach Untersuchungshaft verhängt. Ihnen wird Terrorunterstützung vorgeworfen.

Am Dienstag durfte der deutsche Botschafter Steudtner und den Journalisten Deniz Yücel besuchen

Steudtner durfte am Dienstag zum ersten Mal Besuch vom deutschen Botschafter Martin Erdmann bekommen. Erdmann traf am Dienstag auch Deniz Yücel, den Korrespondenten der Zeitung die Welt, der bereits seit Februar in türkischer Haft sitzt. Für diesen Mittwoch ist eine Begegnung Erdmanns mit Meşale Tolu vorgesehen, Journalistin und Übersetzerin aus Neu-Ulm. Tolu wurde Ende April in der Türkei festgenommen und sitzt mit ihrem zweieinhalbjährigen Sohn in Haft. Sie hat türkische Wurzeln, besitzt allerdings nur noch die deutsche Staatsangehörigkeit. In ihrem Fall stand am Dienstag eine routinemäßige Haftprüfung an. Seit dem Putschversuch im Juli 2016 nahmen türkische Behörden nach Auskunft des Auswärtigen Amtes 22 deutsche Staatsbürger fest. Neun von ihnen sitzen derzeit noch in Haft.

Steudtners Anwalt sagte über seinen Mandanten, er sei in einigermaßen guter Verfassung. Er versuche, sich körperlich fit zu halten, in dem er beim Hofgang jogge. Auf engstem Raum hat er seinem Anwalt zufolge siebeneinhalb Kilometer zurückgelegt und gescherzt, er bereite sich auf den "Silivri-Marathon" vor, so heißt die Haftanstalt. Die Isolationshaft sei aufgehoben, er teile sich die Zelle mit einem Insassen, der Englisch spreche. Gespräche mit Anwälten könnten aber weiterhin nur unter Aufsicht des Gefängnispersonals geführt werden, kritisierte sein Verteidiger. Neulich seien sie sogar aufgefordert worden, sich nicht auf Deutsch zu unterhalten, weil das Personal niemanden zum Übersetzen gehabt habe. Der Journalist Yücel hat den Angaben des Anwalts zufolge ebenfalls einen körperlich guten Eindruck auf ihn gemacht. Er lese viel. Trotzdem leide er unter den Umständen der Haft.

Kurz vor dem Besuch des Botschafters bei den inhaftierten Deutschen hat Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) von der Türkei erneut deren Freilassung verlangt. "Es geht nicht an, dass die drei und die anderen Deutschen in türkischer Haft aus politischen Gründen als Faustpfand der türkischen Regierung herhalten müssen", sagte Gabriel der Rheinischen Post vom Dienstag. "Haftbesuche allein lösen noch nichts."

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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