Teure Gesundheit:Ortskrankenkassen erhöhen die Beiträge

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Trotz des Sparpakets der Bundesregierung müssen etliche gesetzlich Versicherte bald mehr zahlen.

Ulrich Schäfer und Nina Bovensiepen

Mehrere gesetzliche Krankenkassen werden 2006 ihre Beiträge deutlich erhöhen. Die AOK Schleswig-Holstein will den Satz von 13,6 auf 14,4 Prozent anheben. Die AOK Hessen kündigte an, dass die Versicherten von Januar an statt 13,9 ebenfalls 14,4 Prozent zahlen müssen.

AOK-Vertreter rechnen damit, dass weitere Kassen folgen. In Berliner Koalitionskreisen wird erwartet, dass die Ortskrankenkassen aus dem Saarland, Rheinland und Berlin ihre Beiträge erhöhen.

Ein Sprecher des AOK-Bundesverbandes betonte, die meisten Kassen wollten ihre Beiträge stabil halten. Die Selbstverwaltungsgremien werden bald entscheiden, ob dies möglich ist.

Aus dem Bundesgesundheitsministerium hieß es, die Erhöhungen seien unverständlich. Der stellvertretende Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Zöller, sagte: "Wir werden dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen."

Ausgaben steigen, Einnahmen sinken

Insbesondere die Orts- und Ersatzkassen sind unter Druck, weil die Ausgaben für Arzneimittel und Krankenhausbehandlungen teils deutlich gestiegen sind. Zudem haben sie rückläufige Einnahmen, weil zahlreiche Versicherte zu einer privaten Krankenversicherung gewechselt sind.

Zugleich hat sich die Zahl der Beschäftigten, die einen Job mit Sozialversicherungspflicht haben, reduziert. "Das System blutet am Kopf und an den Füßen", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach.

Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Regierung bei den Arzneimitteln etwa eine Milliarde Euro weniger einsparen will als zunächst geplant. Mit Blick auf die Entscheidung, die am Mittwoch im Kabinett getroffen wurde, sagte ein Sprecher der Techniker-Krankenkasse: "Jeder nicht gesparte Euro erhöht den Druck auf die Beiträge."

Ein Sprecher des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK) sagte dagegen, von einer Erhöhungswelle bei den mehr als 200 BKK sei ihm nichts bekannt. Nur einzelne Kassen müssten ihre Beiträge anheben. Die Betriebskrankenkassen profitieren davon, dass sie oft weniger kranke und alte Versicherte haben.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Lauterbach rechnet damit, dass 2007 aber auch diese Krankenkassen ihre Beiträge anheben müssen. Er geht von einem Beitragsplus von etwa einem Prozentpunkt für alle Kassen aus, weil die Mehrwertsteuer angehoben und der Kassenzuschuss aus der Tabaksteuer abgeschmolzen wird; zudem sei mit steigenden Ausgaben zu rechnen. Lauterbach fordert deshalb, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel zu halbieren.

© SZ vom 16.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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