Terrorprozess:Gereckte Fäuste

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Die Angeklagten erschienen mit gereckter Faust, ihr mutmaßlicher Anführer rief "Die Würde des Menschen wird die Folter besiegen": Zehn türkischstämmige Kommunisten stehen in München vor Gericht.

Von Annette Ramelsberger, München

Mehrere Hundert Menschen haben mit Sprechchören und Transparenten den Auftakt eines Großprozesses gegen zehn türkischstämmige Angeklagte in München begleitet, denen die Mitgliedschaft in einer in der Türkei aktiven Terrorgruppe vorgeworfen wird. Die Bundesanwaltschaft sieht in dem Verfahren vor dem Münchner Oberlandesgericht einen Pilotprozess um zu klären, ob es sich bei der linksextremen TKP/ML wirklich um eine Terrorgruppe handelt. Die Verteidigung dagegen sieht in dem Prozess eine Art Auftragsarbeit, um der Türkei entgegenzukommen.

Die Angeklagten betraten mit gereckter Faust den Gerichtssaal, ihre Anhänger auf der Besuchertribüne skandierten immer wieder: "Wir ehren die revolutionären Gefangenen. Die Unterdrückung kann uns nicht aufhalten." Der als Rädelsführer angeklagte Müslüm E. rief auf Türkisch zurück: "Die Würde des Menschen wird die Folter besiegen."

Die Angeklagten kommen aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Frankreich. Einige von ihnen sind in der Türkei gefoltert worden. Auch die Vorsitzende der Kurdenpartei HDP und mehrere türkische Parlamentsabgeordnete waren zum Prozessauftakt gekommen.

Das Verfahren kam noch vor Verlesung der Anklageschrift ins Stocken. Die Verteidiger von zwei Angeklagten stellten Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Dauster, weil die Angeklagten wegen der lange dauernden Übersetzung der Anklage nur knapp zwei Wochen Zeit gehabt hatten, um sich vorzubereiten: Immerhin ist die Anklage gut 300 Seiten dick.

Die Übersetzung war auch in der Verhandlung ein Problem: Immer wieder monierten Verteidiger und Angeklagte, dass die Übersetzung veraltet und fehlerhaft sei. Hinzu kam, dass einige Angeklagte an Füßen und Händen gefesselt von verschiedenen Haftanstalten in Bayern nach München gebracht worden waren und das als menschenunwürdig beklagten. Der Vorsitzende Richter Manfred Dauster versprach, sich um diese Beschwerde zu kümmern. Die Anklage wirft den zehn Angeklagten vor, Hunderttausende Euro an Spendengeld gesammelt zu haben. Zudem sollen einige von ihnen Kämpfer für die TKP/ML angeworben haben.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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