Terrorismus:Polizei zerschlägt IS-Netz in Hessen

Lesezeit: 2 min

Mehr als 1000 Beamte durchsuchen die Wohnungen von 16 Terrorverdächtigen. Ihr Anführer soll für Anschläge wie den auf das Bardo-Museum 2015 in Tunesien verantwortlich sein - und er soll weitere in Deutschland geplant haben.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Bei Großrazzien gegen radikale Islamisten haben die hessischen Sicherheitsbehörden einen Tunesier festgenommen, der in Deutschland und seinem Heimatland unter Terrorverdacht steht. Dem 36 Jahre alten Mann wird nach Angaben der Oberstaatsanwaltschaft Frankfurt vorgeworfen, für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zu arbeiten und im März 2015 am Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis sowie am Angriff auf die Grenzstadt Ben Guerdane im März 2016 beteiligt gewesen zu sein.

Bei dem Überfall auf das Museum waren 24 Menschen getötet worden, darunter 20 ausländische Touristen und die zwei Attentäter. Bei der Attacke auf die Stadt an der tunesisch-libyschen Grenze waren mehr als 50 Menschen ums Leben gekommen. In Deutschland wird der Mann, der in der Nacht zum Mittwoch in Frankfurt gestellt wurde, nach Angaben der Ermittler verdächtigt, Unterstützer für das IS-Netzwerk angeworben und Anschläge hierzulande geplant zu haben. Allerdings gebe es keine Hinweise, dass bereits ein Ziel ausgewählt worden sei und ein Anschlag unmittelbar bevorgestanden habe.

Der Fall dürfte die deutsch-tunesischen Beziehungen erneut belasten. Nach Darstellung der Sicherheitsbehörden gab es ein Festnahme-Ersuchen der tunesischen Behörden gegen den 36-Jährigen. Der Mann, der sich zwischen 2003 und 2013 in Deutschland aufgehalten hatte und im August 2015 erneut als Asylsuchender eingereist war, saß seit Mitte August 2016 wegen einer früheren, in Deutschland begangenen Straftat im Gefängnis. Anschließend kam er in Auslieferungshaft, die auf 40 Tage beschränkt ist. Bis zum Ablauf der Frist hätten die tunesischen Behörden jedoch nicht die für die Auslieferung nötigen Dokumente vorgelegt. Deshalb habe man den Mann am 4. November vergangenen Jahres entlassen müssen und ihn seither rund um die Uhr überwacht. Ende Januar hatte die Oberstaatsanwaltschaft Frankfurt Haftbefehl erlassen.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) rügte die tunesischen Behörden. Solche Probleme habe es bereits öfter gegeben. Auch im Fall des Attentäters vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, war nach Darstellung der deutschen Behörden die geplante Abschiebung nach Tunesien an fehlenden Dokumenten gescheitert.

Bei den Razzien in der Nacht zum Mittwoch hatten 1100 Polizisten 54 Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen in Frankfurt und anderen Orten des Rhein-Main-Gebiets durchsucht, um das ganze Netzwerk des Tunesiers offenzulegen. Nun wird gegen 16 Beschuldigte ermittelt. In Berlin wurden zuvor drei Personen verhaftet. Sie werden verdächtigt, in Syrien und im Irak als Dschihadisten kämpfen zu wollen. Einer von ihnen bekleidet laut der Staatsanwaltschaft eine verantwortliche Position in der umstrittenen Fussilet-Moschee im Berliner Stadtteil Moabit, die auch Anis Amri besucht hatte. Über Verbindungen der Verhafteten zu Amri wird spekuliert. In Nürnberg wurde ein 31-Jähriger festgenommen, der bereits in Syrien gekämpft hat.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: