Terror-Schutz in Deutschland:Saftflaschen und andere Unannehmlichkeiten

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Nur Stunden vor dem Anschlag in Glasgow debattieren Flughafenbetreiber und Behörden über Schutzvorschriften. Besonders im Fokus: der Reiseverkehr von und nach Pakistan.

Annette Ramelsberger

Als die britische Polizei im August 2006, vor knapp einem Jahr, 23 islamistische Verdächtige festnahm, die mit Flüssigsprengstoff zehn Flugzeuge auf dem Weg von Großbritannien in die USA in die Luft sprengen wollten, da hatte das direkte Auswirkungen auf Deutschland: Fortan durften auch deutsche Flugpassagiere keinerlei Flüssigkeiten mehr mit an Bord nehmen.

Jede Saftflasche musste vor dem Check-in geleert werden, Damen auf Businesstrip mussten ihre Schminkköfferchen ausräumen und Reisende, die in Australien Wein gekauft hatten, die wertvollen Flaschen beim Umsteigen in Frankfurt hinunterschütten oder hergeben. ,,Übertrieben'', erklärten die deutschen Flughafenbetreiber erst vor ein paar Tagen.

Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) riet ihnen am Freitag, sie sollten sich genau überlegen, was sie da forderten: Ein allgemeines Unsicherheitsgefühl sei schlechter fürs Geschäft als ein paar Unannehmlichkeiten. 24 Stunden später raste ein brennender Jeep in den Flughafen von Glasgow.

Jeder versuchte Terroranschlag bringt Einschränkungen: Schon als 2001 der ,,Schuhbomber'' Richard Reed versucht hatte, mit einem Streichholz den in seinem Absatz versteckten Sprengstoff zu entzünden, hatte das Folgen: Von da an wurden auch kleinste Feuerzeuge nicht mehr im Handgepäck geduldet. Nach den Zwischenfällen in Glasgow und London werden die Sicherheitsvorkehrungen zwar zunächst nicht erhöht, wie das Bundesinnenministerium betont. ,,Wir werden keine Einschränkungen für den Autoverkehr an Flughäfen verfügen'', sagte ein Sprecher Schäubles.

Natürlich werden die Sicherheitspläne erneut überprüft. Man kann davon ausgehen, dass nun auch der letzte Winkel jedes Flughafens mit Kameras überwacht wird, um mögliche Bombenleger zu entdecken. Mehr als bisher werden massive Poller die Abfertigungshallen vor heranbrausenden Autos schützen. Hier gibt es eine Sicherheitslücke, die nicht erst die Terroristen aufgedeckt haben.

Wachsendes "Hintergrundrauschen"

Im Oktober 2004 starb in Berlin eine Frau, als ein Rentner nach einem Herzinfarkt mit seinem Wagen in ein Reisebüro am Flughafen Tegel raste. Vergangenes Jahr schleuderte wieder ein Auto in die Halle und verletzte eine Frau - diesmal hatte die Bremse geklemmt. Vor allem an beengten alten Flughäfen, wo sich Reisende in langen Warteschlangen stauen, kann so etwas zu vielen Toten führen.

Doch nicht erst die Attentatsversuche in Großbritannien haben die deutschen Sicherheitsbehörden aufgeschreckt, sie sind schon seit Tagen in Alarmbereitschaft. Für sie hat sich in Großbritannien nun jenes ,,Hintergrundrauschen'' manifestiert, das sie seit einigen Wochen hören: Hinweise auf geplante Attentate, mitgehörte Telefongespräche, verdächtiger E-Mail-Verkehr.

Besonders im Fokus der Behörden: der Reiseverkehr von und nach Pakistan. Hier sehen sie einen besonderen Brennpunkt der Gefahr. Denn seit Jahren beobachten sie, wie in Madrassen im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet junge Männer von Extremisten beeinflusst werden. Sie wissen, dass die Briten vor allem in der pakistanisch-stämmigen Bevölkerung mögliche Attentäter vermuten. Und sie haben nun selbst Anhaltspunkte, dass sich Verdächtige von dort auch nach Deutschland aufmachen.

Im Juni hat die pakistanische Polizei eine ganze Reihe von Deutschen oder in Deutschland lebenden Verdächtigen festgenommen. Sie wirft den Männern vor, in Al-Qaida-Lagern das Terrorhandwerk gelernt zu haben und dieses Wissen nun umsetzen zu wollen.

© SZ vom 2.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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