Terror:Ich bin nicht Ashraf

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Im Fall des Verdächtigen aus Berlin bleiben die Beweise dünn. Der Flüchtling bestreitet, der gesuchte Ashraf al-T. zu sein. Ein Haftbefehl wurde aufgehoben, ein zweiter nachgereicht - in diesem geht es um Urkundenfälschung.

Von Ronen Steinke, Berlin

Der arabische Flüchtling, der am Mittwoch in Berlin festgenommen worden ist, bestreitet, Ashraf al-T. zu sein. Er spricht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung von einer Verwechslung. Auch am zweiten Tag nach seiner Festnahme bleibt die Beweislage dünn. Die US-Bundespolizei FBI vermutet, der Mann, der nach eigenen Angaben 1989 im syrischen Aleppo geboren wurde und im Oktober 2015 nach Deutschland kam, sei in Wahrheit der tunesische Islamist Ashraf al-T. Die Bundesanwaltschaft hat dem Vernehmen nach aber bislang keine Freigabe, die FBI-Erkenntnisse vorzuzeigen.

So bekam der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof (BGH) am späten Donnerstagabend nur einen jungen Mann zu sehen, der schon in Berlin auf Flüchtlingshelfer einen traumatisierten Eindruck gemacht hatte. Es gab damals einen Suizidversuch. Dann war er privat bei einem Flüchtlingshelfer im Berliner Stadtteil Schöneberg untergekommen. Der Verdächtige, der sich Hassan A. K. nennt, sagt, er habe mit Islamisten nichts zu tun. Er bete nie. Die Ermittler legten dem BGH-Richter Chatprotokolle vor, darin aber war von einem Anschlag keine Rede. Ein Chatpartner sagt zu Hassan A.K.: "Halte uns auf dem Laufenden." Oder: "Bleib in Kontakt mit uns." Als Begründung für einen dringenden Terror-Tatverdacht reichte dies dem Richter aber nicht.

Dass der Verdächtige nicht sofort freikam, lag nur daran, dass die Sicherheitsbehörden mit einem Plan B in der Tasche gekommen waren. Als der BGH-Richter den Haftbefehl ablehnte, meldete sich im Gerichtssaal gleich ein Beamter des Berliner Landeskriminalamts zu Wort. Man beantrage ersatzweise noch einen zweiten Haftbefehl - erlassen wegen Urkundenfälschung. Eine Blaulichtkolonne setzte sich in Bewegung. Der Verdächtige wurde quer durch die Stadt hinüber zum Karlsruher Amtsgericht gebracht. Dort kam er vor einen Amtsrichter, der einen Haftbefehl wegen Urkundenfälschung erließ. Der Verdächtige hatte schon gestanden, dass sein syrischer Pass gefälscht war. Er habe ihn in der Türkei gekauft, wie Tausende andere Flüchtlinge auch.

Normalerweise ist eine solche Tat zu geringfügig, um einen Flüchtling in Untersuchungshaft zu nehmen. Im Haftbefehl des Amtsgerichts Karlsruhe heißt es aber, der Mann sei "dem islamistischen Spektrum zuzurechnen"; zudem sei "auch gerade vor dem Hintergrund" der anhaltenden Terror-Ermittlungen gegen ihn zu befürchten, dass er untertaucht. So hat es doch noch einen Haftbefehl wegen Terrorverdachts gegeben - wenn auch auf recht indirektem Wege. Wegen der möglichen Suizidgefahr sitzt der Mann nun - wieder in Berlin-Moabit - in einem besonders überwachten Haftraum, teilte die Berliner Justizbehörde mit.

© SZ vom 05.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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