Tarifverhandlungen:Bis Sonntag in Potsdam

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Die Gewerkschaften und die Bundesländer sind vor den entscheidenden Gesprächen. Verdi-Chef Bsirske nennt das Verhalten der Gegenseite "ungenügend". Die Länder reagieren mit einer eigenen Forderung.

Von Detlef Esslinger, München

Von diesem Donnerstag an wollen Gewerkschafter und Vertreter der Länder in Potsdam versuchen, den Tarifkonflikt für deren eine Million Arbeitnehmer zu lösen. Am Tag davor bewertete Verdi-Chef Frank Bsirske das Verhalten seiner Kontrahenten mit einer Schulnote: "Was bis jetzt gekommen ist, verdient die Note ungenügend", sagte er bei einer Kundgebung in Bremen. Die letzte Äußerung von Matthias Kollatz, SPD-Finanzsenator von Berlin und Verhandlungsführer der Länder, stammt von Dienstag. Da er ein Optimist sei, "würde ich sagen: Jawohl, ein Abschluss ist möglich", sagte Kollatz im Deutschlandfunk.

Erfahrungsgemäß können beide Bewertungen richtig sein. Da die Arbeitgeber bisher kein Angebot vorgelegt haben, kann ein Gewerkschafter deren Verhalten plausibel mit "ungenügend" bezeichnen. Ein frühes Angebot gab es von den Arbeitgebern aber auch die vergangenen Male nicht. Stattdessen diskutierten sie zunächst lieber mit Bsirske und dessen Kollegen über die wechselseitigen Vorstellungen, um am Ende gemeinsam ein Tarifpaket zu erarbeiten. Das hat seit Jahren geklappt, und da die Materie zwar auch diesmal kompliziert, aber nicht unentwirrbar ist, wäre ein Scheitern eine größere Überraschung als eine Einigung.

Verdi, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die IG Bau, die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Beamtenbund fordern sechs Prozent mehr Geld, mindestens aber ein Plus von 200 Euro. Außerdem soll das Grundgehalt von Pflegern um 300 Euro erhöht werden. Doch auch die Grundgehälter in anderen Berufsgruppen sollen systematisch steigen. Dies verbirgt sich hinter der Formulierung im Forderungspaket "Entgeltordnung verbessern und in Kraft setzen". Grob gesagt: Arbeitnehmer der Länder sollen künftig dasselbe Grundgehalt bekommen wie jeweils vergleichbare Kollegen bei Bund und Kommunen.

Darauf haben die Länder reagiert - mit einer Gegenforderung: Sie wollen neu festgelegt sehen, welche Tätigkeiten in einem Job "gewöhnlich" und welche "schwierig" sind - mit dem Ziel, möglichst viele Jobs als weniger schwierig zu definieren und folglich mit einem niedrigeren Grundgehalt zu versehen. Unklar ist, ob die Gegenforderung ernst gemeint oder nur als Verhandlungsmasse zu verstehen ist. Schließlich will die GEW die Bezahlung der Grundschullehrer auf ein höheres Niveau hieven. Seine Gewerkschaft und Verdi "verlangen, dass hier nun etwas passieren muss", sagte GEW-Vorstand Daniel Merbitz am Mittwoch. Seit Jahren fordert die GEW dies, allerdings bisher immer vergeblich.

Ursprünglich waren Donnerstag und Freitag für die Verhandlungen angesetzt. Aber inzwischen wird mit einem Ergebnis nicht vor der Nacht zum Sonntag gerechnet.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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