Syrien:Weitere Giftgas-Opfer gefunden

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"Häuser voller Toter": Nach dem mutmaßlichen Chemiewaffen-Angriff bei Damaskus sind nach Angaben der Opposition zahlreiche weitere Leichen gefunden worden. Doch die Aufklärung der Vorwürfe stockt.

In Syrien sind nach dem mutmaßlichen Chemiewaffen-Angriff der Regierungstruppen weitere Leichen entdeckt worden, wie die Opposition berichtet. "Wir rechnen damit, dass die Zahl der Toten steigt, weil wir gerade erst ein Viertel in Samalka entdeckt haben, in dem die Häuser voller Toter sind", sagte ein Sprecher des Syrischen Nationalrats in Istanbul. Samalka zählt zu den Wohnvierteln östlich von Damaskus, in denen die syrische Armee am Mittwoch nach Angaben der Opposition Giftgas eingesetzt haben soll. Bislang war die Rede von 500 bis 1300 Menschen, die dabei umgekommen sein sollen.

Die Gegner von Präsident Baschar al-Assad fordern ebenso wie Frankreich, Deutschland, die USA und andere westliche Staaten, dass Inspektoren der Vereinten Nationen umgehend Zugang zu dem betroffenen Gebiet erhalten. Das Regime hatte dies mit Verweis auf die dortige Sicherheitslage aber abgelehnt.

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Tatsächlich wird weiterhin gekämpft: Assad lässt Kampfflugzeuge über den Dörfern im Osten und Süden der Hauptstadt aufsteigen, in denen die Rebellen ihre Stützpunkte haben. Ein Besuch der Inspektoren wird so unmöglich. Für die syrische Exil-Opposition ist klar, was das zu bedeuten hat: Assad verhindert eine Untersuchung und belastet sich damit selbst.

Auf der anderen Seite erklärt Russland, das syrische Regime sei zu "maximaler Kooperation" mit den Inspektoren zur Aufklärung von angeblichen Giftgaseinsätzen bereit. Die Führung um Assad habe logistische Hilfe sowie Zugang zu sichergestellten Proben zugesagt, sagte Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch in Moskau. Russland - ein enger Partner des syrischen Regimes - hatte indirekt die Rebellen für Giftgaseinsätze verantwortlich gemacht.

Syriens Nachbar Israel ist mittlerweile davon überzeugt, dass das Regime bei den verheerenden Angriffen Chemiewaffen eingesetzt hat. Diese Einschätzung basiere auf Informationen des israelischen Geheimdienstes, sagte der Minister für strategische Angelegenheiten und für die Nachrichtendienste, Yuval Steinitz, dem israelischen Rundfunk. Er kritisierte die abwartende Haltung des Westens im Syrien-Konflikt scharf: "Die Welt verurteilt, die Welt untersucht, die Welt gibt Lippenbekenntnisse ab", sagte er. "In den vergangenen zwei Jahren ist nichts Ernsthaftes unternommen worden, um das fortwährende Massaker des Assad-Regimes an seinen Bürgern zu stoppen."

Sollten sich die Vorwürfe der Opposition bewahrheiten, wäre es der schwerste Chemiewaffen-Angriff seit 1988, als Iraks damaliger Staatschef Saddam Hussein bis zu 5000 Kurden in der Stadt Halabdscha töten ließ.

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