Suhl:Frust und Eifer

Wie es zur Gewalt im Flüchtlingsheim kommt.

Von Tanjev Schultz

Flüchtlinge sind Opfer, aber keine Heiligen. Sie kommen aus Ländern, in denen Gewalt allgegenwärtig ist. Viele sind traumatisiert, manche verroht. Einige sind selbst Täter. In Suhl sind Flüchtlinge mit Eisenstangen aufeinander losgegangen, auch Polizisten wurden verletzt. Dass sich alle, die nach Deutschland kommen, an die hiesigen Gesetze halten müssen, wie der Innenminister sagt, ist so banal wie richtig. Man könnte aber auch mehr dafür tun, Konflikte zu verhindern und einen zivilen Umgang zu fördern. Das fällt schwer, wenn die Unterkünfte überbelegt sind und es dort an vielem fehlt: Platz, Psychologen, Perspektiven für die Zukunft.

Auf engstem Raum, fast ohne Privatsphäre, leben Flüchtlinge beieinander. Frust, Langeweile, religiöser Eifer oder Gleichgültigkeit, große Ängste und Hoffnungen: Die extremen Regungen, die aufeinander treffen, münden leicht in Gewalt. Streit und Schlägereien in den Aufnahmelagern können niemanden überraschen. Die Politik muss handeln: mehr Helfer schicken und die Bürokratie so abbauen, dass bessere Unterkünfte schneller fertig werden können.

Rechtsextremisten nutzen die Ausschreitungen von Suhl zum Vorwand für ihre Hetze. Täglich gibt es Attacken auf Flüchtlinge. In der Nacht zu Freitag verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf eine bewohnte Unterkunft in der Oberpfalz. Verhärtet und fanatisch sind nicht nur diese oder jene Flüchtlinge, sondern auch viel zu viele Deutsche.

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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