Südkorea:Um jeden Preis

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Im November 2017 war US-Präsident Trump zu Besuch bei Südkoreas Staatschef Moon Jae-in (rechts). Am Dienstag kommt Moon nach Washington. (Foto: Andrew Harnik/AP)

Nach Nordkoreas Drohung, den Gipfel mit den USA platzen zu lassen, wollen Seoul und Washington noch enger zusammenarbeiten.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Der südkoreanische Präsident Moon Jae-in ist in Washington, um mit US-Präsident Donald Trump dessen Gipfel mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un vorzubereiten. Das Treffen ist seit Wochen geplant. Es ist keine Notfallübung, um den Trump-Kim-Gipfel zu retten, der gefährdet zu sein scheint, weil Pjöngjang vorige Woche Gespräche mit Südkorea platzen ließ und auch das Treffen mit Trump abzusagen drohte.

Die meisten Experten sind zuversichtlich, der Gipfel komme zustande. Nordkorea hatte das Treffen mit dem Süden vom vorigen Mittwoch auf unbestimmte Zeit verschoben, weil Südkorea und die USA noch bis Freitag den Krieg gegen den Norden üben. Kim hatte Moon zwar versichert, die Manöver, die in anderen Jahren hässliche Verbalschlachten provozierten, würden das Tauwetter nicht trüben. Gleichwohl dürfte er mehr Entgegenkommen erwartet haben.

Am Freitag tagte die Militärkommission der Arbeiterpartei seit zwei Jahren zum ersten Mal. Kim besetzte sowohl die zivile wie die militärische Führung der Armee um. Zugleich dürfte er seinen Generälen erklärt haben, warum er gewillt sei, auf die bisher gepriesenen Atomwaffen zu verzichten. Und das ausgerechnet, während die Vereinigten Staaten und Südkorea einen Krieg gegen Nordkorea simulieren. Dass diese ihre Luftwaffenmanöver "Max Thunder" dieses Jahr reduziert haben, es nehmen keine B52-Bomber teil, und anders als sonst kündigten sie die Manöver nicht an, genügte offenbar nicht. In der Meldung, mit der Nordkorea die Gespräche mit dem Süden verschob, hieß es, solange die Manöver liefen, sei die Basis dafür nicht gegeben. Das lässt sich umgekehrt lesen: Wenn die Manöver vorbei seien, kehre Nordkorea zum Dialog zurück.

Kim will mit Trump auf Augenhöhe reden; so, dass beide Seiten ihr Gesicht wahren können

Mit der Drohung, den Gipfel mit den USA abzublasen, reagierte Pjöngjang auf Trumps neuen Sicherheitsberater John Bolton, der vorige Woche von einem Libyen-Modell für Nordkorea sprach. Das ist in Pjöngjang ein rotes Tuch: Nordkorea sei nicht Libyen, so die Propaganda umgehend. Muammar al-Gaddhafi gab 2003 sein Atomprogramm auf, das damals noch in den Anfängen steckte. Sieben Jahre später wurde er von libyschen Aufständischen gestürzt, die von den USA mit Luftangriffen unterstützt wurden. Als Bolton vom libyschen Modell sprach, meinte er die vom Ausland kontrollierte Demontage des Atomprogramms von 2003. Er muss jedoch gewusst haben, dass der Begriff "libysches Modell" Pjöngjang empört. Zumal Bolton klang, als gehe es um die Kapitulation Nordkoreas.

Auch die vielen Entwaffnungszenarien für Nordkorea, die in Washington die Runde machen, dürften das Regime irritieren. Kim will mit Trump auf Augenhöhe reden; und so, dass beide Seiten ihr Gesicht wahren können. Die Propaganda unterstreicht, Kim handle nicht unter Druck.

Trump korrigierte Bolton später, ein "libysches Modell" stehe nicht zur Debatte. Allerdings scheint er keine klare Vorstellung davon zu haben, was Bolton meinte. Nordkoreas Medien bezeichneten Boltons Bemerkungen als "ekelhaft", Vize-Außenminister Kim Gye-gwan sagte im Staatsfernsehen, so wie die USA derzeit redeten, gefährdeten sie den Gipfel. Doch wenn Nordkorea nur einen Vizeminister vorschickt, dann ist das Propaganda, mehr nicht.

Trump will den Gipfel mit Kim um jeden Preis, zumal ihn einige Republikaner bereits für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen haben. Aber seine Regierung hat kein Konzept, was sie Nordkorea anbieten will. Washington versteht auch nicht, wie sehr Nordkorea sich von den USA bedroht sieht. Das sei ihm erst in Pjöngjang klar geworden, als er im Jahre 2015 zwei dort inhaftierte US-Bürger abholte, schrieb James Clapper, der Geheimdienstdirektor von Ex-Präsident Barack Obama.

Anders als Trump hatten die Nordkoreaner schon 2013 ein Konzept zur stufenweisen Nuklearabrüstung und gleichzeitigen Normalisierung der Beziehungen mit den USA, schreibt Joel Wit, der damals für Washington an sogenannten Track-Two-Verhandlungen teilnahm, also halboffiziellen Gesprächen. Mit dem wiedergefundenen Rückhalt, den Kim aus China erhält, dürfte er mit mehr Nachdruck auf einer Normalisierung der Beziehungen bestehen, die parallel zur Denuklearisierung läuft, nicht erst danach.

© SZ vom 22.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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