Süddeutsche Zeitung:Goldene Zeiten

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Dieter Schröder, SZ-Chefredakteur von 1985 bis 1995, ist gerade 90 Jahre alt geworden. Der gebürtige Berliner prägte das Blatt nicht nur durch seine außenpolitischen Kommentare.

Von Kurt Kister, München

Jetzt fehlen ihm nur noch zehn Jahre. Dieter Schröder, langjähriger Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, ist gerade 90 geworden. Aber mit diesem Alter wollte er sich schon vor zwanzig Jahren nicht recht zufriedengeben. "Ich habe mir immer gewünscht, 100 Jahre alt zu werden", sagte Schröder in einem Interview im Mai 2001. Damals verabschiedete sich Schröder als Herausgeber der Berliner Zeitung. Sein journalistisches Leben hatte Schröder überwiegend bei der SZ verbracht.

Dieter Schröder, geboren 1931 in Berlin, gehörte 1951 zu den ersten Kursteilnehmern am Werner-Friedmann-Institut, aus dem später die Deutsche Journalistenschule München wurde. 1953 schickte die SZ den jungen Mann in die reichlich provisorische Bundeshauptstadt Bonn, wo er gut zehn Jahre lang als Korrespondent über die Politik der Adenauer-Republik schrieb. Nach einem Intermezzo beim Spiegel wurde Schröder 1966 London-Korrespondent der SZ, bevor er 1972 in die Leitung des außenpolitischen Ressorts aufstieg. Unter dem damaligen Chefredakteur Hans Heigert wurde Schröder 1976 Mitglied der Chefredaktion; 1985 schließlich beriefen ihn die Herausgeber zum alleinigen Chefredakteur der SZ.

Die außenpolitische Kommentierung der SZ war lange von Schröder und dessen Kollegen Josef Riedmiller (1925 - 2018) geprägt. Schröder war der transatlantische Westeuropäer mit einer großen Portion Skepsis gegenüber den Linken im Allgemeinen und der Sowjetunion im Besonderen. Riedmiller, in der frühen Breschnew-Zeit sechs Jahre lang Moskau-Korrespondent, sah manches anders als Schröder; er verstand sich eher als Mitteleuropäer denn als Transatlantiker.

Während Schröders zehn Jahren als Chefredakteur wuchs und prosperierte die SZ erheblich; es gab viele Neuerungen, darunter die Gründung des SZ-Magazins. Von den Siebzigerjahren bis in die Neunziger herrschten so etwas wie die goldenen Zeiten des Tageszeitungsjournalismus. Wie das im Leben so ist, erfuhr Schröder als Chefredakteur zuerst große Zustimmung in der Redaktion, was allerdings nicht immer so blieb. Es gibt in jedem Chefredaktionszyklus Menschen, meist jüngere, die Dinge sehr anders wollen, was zu heftigen Debatten führt, aber auch dazu, dass die Jüngeren älter werden und sich dann selbst wieder mit Jüngeren konfrontiert sehen. Dieter Schröder wich solchen Debatten nicht aus, eher im Gegenteil, er bot Ursachen dafür. Manchmal ging es sehr lebhaft zu.

Als Schröder 1995 mit 65 Jahren aus der Chefredaktion der SZ ausschied, begann er ein neues Leben in Berlin. Gruner + Jahr, der damals noch publizistisch ambitionierte Eigentümer der Berliner Zeitung, holte den stets Berliner gebliebenen Wahlbayern als Herausgeber. Für Dieter Schröder war dies der passende Abschluss einer langen journalistischen Laufbahn.

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