Südafrika:Volkstribun vor dem Härtetest

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Südafrika hat den Skandalpolitiker Jacob Zuma gewählt. Er muss nun Armut, Gewalt und Korruption bekämpfen - und steht doch gleichzeitig im Verdacht, selbst korrupt zu sein.

Arne Perras

Es waren beeindruckende Bilder, die den Wahltag in Südafrika bestimmten: Überall standen Menschen friedlich und geduldig in Schlangen, um ihre Stimme abzugeben. Manche mussten bis in die frühen Morgenstunden warten, um ihr Kreuz zu machen, weil der Ansturm auf die Wahlbüros so groß war. So viel Ruhe und Besonnenheit machen Mut in einem Land, das sonst stark unter Kriminalität und allgegenwärtiger Gewalt leidet.

Die Menschen vertrauen ihm: Jacob Zuma (Foto: Foto: AFP)

Am Mittwoch also zeigte sich, wie lebendig die Demokratie am Kap ist. Die Menschen glauben nach wie vor an die Kraft ihrer Stimme. Im Widerstand gegen die Apartheid haben sie sich diesen Schatz vor 15 Jahren hart erkämpft, jetzt hüten sie ihn und geben nicht auf - selbst wenn viele noch immer auf den großen Wandel warten, den die Befreier vom African National Congress (ANC) einst versprochen hatten.

Die Südafrikaner haben ihre Zuversicht trotz herber Rückschläge im Kampf gegen die Armut nicht verloren. Sonst hätten sie nicht in so großer Zahl gewählt. Das ist eine der wichtigsten Botschaften dieser vierten demokratischen Wahl am Kap.

Gewonnen haben, wie erwartet, der ANC und Volkstribun Jacob Zuma, der nun wohl vom neuen Parlament zum Staatschef gekürt wird. Der 67-Jährige hat damit sein Ziel erreicht, obwohl er in so viele Skandale verwickelt war wie kein anderer Politiker am Kap. Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Betrug, Korruption - die Liste der Vorwürfe ist lang. Bislang ist er einem Prozess entgangen.

Die meisten Menschen setzen dennoch Vertrauen in Jacob Zuma, vielleicht, weil sie sich ihm nahe fühlen: Dieser Mann kommt von ganz unten, er kennt das Elend, er spricht die Sprache der einfachen Leute. Mit ihm können sie sich identifizieren, er verkörpert den Kampf für ein besseres Leben. Dass er ständig Probleme mit der Justiz hat, betrachten viele nur als Beleg dafür, dass sein Vorgänger Thabo Mbeki ihn mit miesen Machenschaften verhindern wollte.

Der Glaube an die große Verschwörung ist weit verbreitet - er hat Zuma den Weg zum Sieg geebnet. Nur in der Provinz Western Cape hat er mit seinem ANC einen heftigen Schlag erlitten. Dort konnte die Oppositionspolitikerin und Kapstädter Bürgermeisterin Helen Zille punkten, die das Amt der Ministerpräsidentin in dieser Provinz übernehmen will. Sie hatte sich ganz auf Zuma und seine Schwächen eingeschossen - und war damit erfolgreich. Das beweist, wie sehr Zumas Aufstieg das Land gespalten hat.

Weit abgeschlagen ist die Partei Cope, die sich vom ANC abgespalten hat. Sie ist noch nicht reif genug, um als Gegengewicht zu agieren. Ob sie nach ihrer Schlappe weiterbestehen kann, ist offen.

Jetzt, da Zuma regieren muss, kann er sich nicht mehr als Opfer inszenieren. Jetzt wird er daran gemessen werden, was sein Team und er tun, um die Armut zu bekämpfen. Der Wahlkampf war dagegen eine leichte Übung gewesen. Die globale Krise stellt Zuma nun vor riesige Probleme: Kapital ist weltweit knapp, das Wachstum bricht auch in Südafrika ein.

Kleine Schritte

Wenn der neue Präsident jetzt gegen die Armut zu Felde zieht, kann er dies nur in kleinen Schritten tun. Wichtig ist, dass er dabei den Schlendrian, die Unfähigkeit und die Korruption auf allen Ebenen bekämpft, denn sie haben Fortschritte bislang gebremst oder verhindert. Ob Zuma fähig ist, diese Schlachten zu führen, da er doch selbst im Verdacht steht, korrupt zu sein?

Zuma konnte zwar die Stimmen des Volkes erringen, aber im Ausland und in Kreisen der Wirtschaft muss er noch viel tun, um Vertrauen aufzubauen. Das kann er am besten erreichen, indem er fähige Leute in sein Kabinett beruft, anstatt politische Loyalität zu belohnen. Er muss nun jene Schreihälse in ihre Schranken weisen, die Posten fordern, nur weil sie ein Zuma-Shirt auf dem Leib getragen haben. Gelingt ihm das, hat er seine erste wichtige Schlacht schon gewonnen.

© SZ vom 24.04.2009/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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