Suche nach Susanne Osthoff:Regierung kämpft um das Leben der Geisel

Lesezeit: 2 min

Ein Woche ist seit der Entführung vergangen. Die Zeit drängt, weil das Ultimatum möglicherweise bereits an diesem Wochenende ablaufen könnte. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" stellen die Geiselnehmer ausdrücklich politische Forderungen.

Annette Ramelsberger und Manfred Hummel

Die Entführung ist in einer kritischen Phase. Es kommt darauf an, rechtzeitig einen Vermittler und Kontakt zu den Entführern zu finden, bevor diese nervös werden und möglicherweise überstürzt handeln. Die Informationen aus Berlin sind spärlich: Es gebe keine neuen Entwicklungen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, man sehe das Schicksal der Geiseln aber mit Sorge.

Eine Lichterkette für die Geisel in ihrem Heimatort Glonn. (Foto: Foto: AP)

Immer klarer wurde indes, dass es sich bei den Entführern nicht um einfache Kriminelle mit reinen Geldinteressen handelt. Zwar scheinen sie die Entführung nicht sehr lange geplant und auch das Video eher spontan gedreht zu haben, doch ihre Forderungen sind eindeutig politischer Natur.

Appell Muktada al-Sadrs

Die Kidnapper sprechen in ihrem Video nach Informationen der explizit davon, dass irakische Polizisten im arabischen Ausland von Deutschen ausgebildet werden und dass das sofort eingestellt werden müsse. Auch müsse Deutschland die weitere Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung stoppen.

Die Bundesregierung bildet in den Arabischen Emiraten in mehreren Lehrgängen Hunderte irakische Polizisten aus, welche die Stabilität im Irak gewährleisten sollen. Doch scheint es sich bei den Entführern nicht um besonders radikale Islamisten zu handeln - ihr Video enthält nicht die entsprechenden religiösen Formeln und Fahnen.

Die Zeit drängt, weil die Entführer in ihrem Bekennervideo, das am Dienstagmorgen ausgestrahlt wurde, von einem sehr kurzen Zeitraum gesprochen hatten, in dem ihre Forderungen erfüllt werden sollten. Danach wollten sie ihre Geiseln töten. Hinweise, wonach das Ultimatum bereits an diesem Wochenende ablaufen könnte, wurden in Sicherheitskreisen nicht bestätigt.

Der radikale Schiiten-Prediger Muktada al-Sadr rief die Entführer dazu auf, ihre Geisel sofort freizulassen. Die Entführung widerspreche "den Prinzipien des Islams, der zu Keuschheit, Frieden und Toleranz aufruft", sagte al-Sadr beim Freitagsgebet in der schiitischen Pilgerstadt Nadschaf.

Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte der SZ: "Der Fall bestätigt, dass auch wir in Deutschland vom internationalen Terrorismus bedroht sind. Es gibt keine konkrete Bedrohung, aber eine allgemeine Gefährdungslage. Dies ist uns jetzt nur wieder ins Bewusstsein gedrungen."

Beckstein: "Die Regierung darf nicht nachgeben"

Besorgt zeigte sich auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU). "Die Geiselnahme bestätigt, dass wir nicht deswegen vor Anschlägen islamistischer Terroristen verschont bleiben, weil wir keine Soldaten in den Irak entsenden." Die Sicherheitsbehörden müssten sich auf eine Eskalation der Lage einstellen. "Wenn es nicht reicht, eine Deutsche im Irak zu entführen, um die Regierung zu erpressen, dann könnten sich solche Leute überlegen, dass sie dann direkt in Deutschland etwas unternehmen müssen, um Druck auszuüben." Die Regierung dürfe den Forderungen aber auf keinen Fall nachgeben.

Der Mainzer Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) sagte, die Behörden seien in Alarmbereitschaft. "Früher dachte man: Das ist weit weg. Heute weiß man: Da könnte was bei uns passieren. Wir sind elektrisiert."

Das Video mit dem Appell an die Entführer, die Geiseln freizulassen, ist nach Angaben der Familie Osthoff auf ihre Initiative hin entstanden. Ob der Appell der Angehörigen versteckte Hinweise an die Entführer enthält, blieb zunächst unklar. Ein Kamerateam des ZDF hatte am Donnerstag, begleitet von Beamten des Bundeskriminalamtes, die Familie in Rott am Inn aufgesucht.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland will sich mit allen Mitteln für die Freilassung Osthoffs und ihres irakischen Fahrers einsetzen.

(SZ vom 03.12.2005)

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: