SPD-Landeschef Nils Schmid erklärte, die schwarz-gelbe Regierung versinke im Chaos. "Mappus demontiert seinen eigenen Schlichter", sagte er. Der Regierungspartner FDP zeigte sich dagegen zufrieden, dass Mappus nicht von der ursprünglichen Linie abweicht. Grube erklärte den Stuttgarter Nachrichten, er habe mit Geißler bislang nur ein einziges Mal telefoniert. Dabei sei über Inhalte gar nicht gesprochen worden.
CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk hingegen versuchte sich an einem Erklärungsversuch für das Verwirrspiel: Geißler habe sich zu früh geäußert, so Hauk. "Es wäre klüger gewesen, mit möglichst vielen Beteiligten zu sprechen, um auszuloten, wie die Positionen sind." Aber der CDU-Politiker ist dennoch zuversichtlich, dass Geißler erfolgreich weitervermittelt: "Das war eine lässliche, aber heilbare Unterlassungssünde des Schlichters."
Trotz der harten Haltung von Land und Bahn wurden Teile der Arbeiten eingestellt: Die Deutsche Bahn darf auf dem Stuttgart-21-Gelände vorerst keine Bäume mehr fällen, weil dort seltene Tiere leben. Die DB Projektbau müsse erst einen Plan zum Schutz von Juchtenkäfern und Fledermäusen im Mittleren Schlossgarten vorlegen, verfügte das Eisenbahnbundesamt. Bei Zuwiderhandlung droht ein Zwangsgeld von 250.000 Euro.
"Eine Kündigung könnte in Betracht kommen"
Auch von juristischer Seite gab es Neues: Eine landesweite Volksabstimmung über das Bahnprojekt wäre nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags doch zulässig. "Ein einseitiger Ausstieg vonseiten des Landes Baden- Württemberg aus dem Projekt " Stuttgart 21" verstieße nicht gegen bundesrechtliche Bindungen", heißt es in der Expertise. Zwar habe sich das Land vertraglich zur Realisierung des Plans verpflichtet. "Sollten aber ein Festhalten an dem Vorhaben den Frieden in der Region nachhaltig stören und das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat und seine Institutionen bleibend beschädigen, könnte eine Kündigung des Vertrages in Betracht kommen." Das Gutachten hatte der der baden-württembergische SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Friedrich in Auftrag gegeben.
Dies widerspricht einer Studie des Verfassungsjuristen Paul Kirchhof. Dieser hatte erklärt, für den Bau von Bahnstrecken sei der Bund und nicht das Land zuständig. Kirchhof hatte die Zulässigkeit eines von der SPD gewünschten Plebiszits im Auftrag von Ministerpräsident Mappus untersucht.
Stuttgart 21 sieht den Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und deren Anbindung an die geplante ICE-Neubaustrecke nach Ulm vor. Das Projekt soll laut Bahn 4,1 Milliarden kosten. Hinzu kommt die neue Schnellbahnstrecke nach Ulm, die mit 2,9 Milliarden Euro zu Buche schlagen soll. Kritiker rechnen mit erheblich höheren Kosten.