Streit um Verschleierung:Paris erwägt Burka-Verbot

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Burkas - Zeichen des Glaubens oder "Särge der Freiheit"? In Frankreich ist eine heftige Debatte über die Vollverschleierung für muslimische Frauen entbrannt. Nun soll die Motivation der Trägerinnen untersucht werden.

Fünf Jahre nach dem heftig umstrittenen Kopftuchverbot für muslimische Schülerinnen erwägt Frankreich, das Tragen von Gesichtsschleiern in der Öffentlichkeit insgesamt zu untersagen. Dabei geht es um Burkas, die die Trägerin von Kopf bis Fuß verhüllen und sogar die Augen mit einem Gitter verdecken, sowie um sogenannte Nikabs, die die Augen freilassen.

In Frankreich nicht hinnehmbar? Eine Frau in Burka in einem Buchladen im französischen Le Bourget. (Foto: Foto: AFP)

"Sollte es sich zeigen, dass das Tragen der Burkas unfreiwillig ist, dann wird das Parlament natürlich die Konsequenzen ziehen", sagte Regierungssprecher Luc Chatel im Fernsehen. Auch ein Verbot der Burka sei dann möglich.

Unter dem Eindruck einer zunehmenden Verbreitung der Burkas und Nikabs haben etwa 60 der 770 französischen Abgeordneten vorgeschlagen, das Phänomen und die Motivation ihrer Trägerinnen untersuchen zu lassen. Sie argumentieren damit, dass der Ganzkörperschleier "ein wandelndes Gefängnis" für die Frauen sei. Die Regierung ist in der Frage gespalten. Auch Muslimorganisationen sind sich uneins.

Die für die Einwandererviertel zuständige Staatssekretärin Fadela Amara forderte ein Totalverbot der "Särge der Freiheit", wie sie die Burkas nannte. Ihre Trägerinnen würden unterdrückt von "männlicher Vorherrschaft" und "Indoktrination". Amara wurde in Frankreich als Tochter eines algerischen Bauarbeiters geboren.

"Unerträglicher Anblick"

Der kommunistische Abgeordnete André Gerin erklärte dazu, es sei schon "unerträglich", in Ländern wie Iran, Afghanistan und Saudi-Arabien derart "gefangene Frauen" zu sehen. Auf französischem Boden sei der Anblick "in keiner Weise hinnehmbar".

Der in Marokko geborene Minister für Einwanderung und Nationale Identität, Eric Besson, hält es dagegen "nicht für opportun, die Polemik über die religiösen Symbole neu zu entfachen". Das Gesetz reiche. Man solle das "gefundene Gleichgewicht nicht gefährden".

Islamforscher weisen darauf hin, dass Musliminnen die Ganzkörperkleidung in der Regel freiwillig aus ihrem tiefen Glauben heraus tragen. Unter ihnen seien viele vom Christentum konvertierte Französinnen. Manche Mädchen in Einwanderervierteln wählten die Schleier auch, weil sie sich dann stärker geachtet fühlten, sagte der Professor für arabische Zivilisation, Mohamed-Cherif Feriani, der Zeitung Libération.

In Frankreich ist ein Kopftuchverbot an staatlichen Schulen seit 2004 gesetzlich festgeschrieben. Vergangenes Jahr verweigerte die höchste juristische Instanz des Landes, der Staatsrat, einer jungen Frau aus Marokko die Staatsbürgerschaft, weil ihre religiösen Praktiken nicht mit der Trennung von Staat und Kirche sowie der Geschlechtergleichheit in Frankreich zu vereinbaren seien. Die Frau lebte seit 2000 in Frankreich und trug die Burka.

© AFP/dpa/gal/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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