Streit um Sozialleistungen:Union verweigert Debatte um Mindestlohn

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Neue Nahrung für einen alten Streit: Müntefering erntet mit seinem Vorschlag, die Hartz-IV-Leistungen zu erhöhen und gleichzeitig einen Mindestlohn einzuführen, Kritik beim Koalitionspartner.

Michael Bauchmüller

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) findet für seine Idee, höhere Hartz-IV-Sätze mit der Einführung eines Mindestlohns zu verknüpfen, wenig Rückhalt bei der Union.

"Diese beiden Debatten haben nichts miteinander zu tun", sagte Ralf Brauksiepe, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, der Süddeutschen Zeitung. Allerdings sei zu überlegen, ob das Arbeitslosengeld II künftig in kürzeren Intervallen angepasst werden müsse.

Vergangenen Freitag hatte Müntefering erstmals eine Überprüfung der Sätze in Aussicht gestellt. Zurzeit erhalten Langzeitarbeitslose monatlich 347 Euro. Angesichts steigender Lebensmittelpreise waren zuletzt Rufe nach einer Erhöhung laut geworden.

Er steige "gerne in eine ernsthafte Prüfung der Thematik" ein, hatte Müntefering gesagt - und Bedingungen gestellt. So müsse sicher sein, dass die Sozialtransfers des Bundes sinken und nicht steigen. "Dazu ist ein genereller Mindestlohn erforderlich", erklärte der Arbeitsminister.

Ein alter Streit zwischen Union und SPD findet mit dieser Verknüpfung neue Nahrung. Erst Mitte Juni hatten SPD und Union beim Mindestlohn einen Minimal-Kompromiss erzielt, mit dem sich allerdings Müntefering schon damals unzufrieden zeigte.

Arbeitgeber gegen mehr Hartz-VI-Geld

Demnach sollen über das sogenannte Entsendegesetz künftig für weitere Branchen Lohnuntergrenzen gelten. Bislang gibt es solche Regelungen unter anderem im Baugewerbe und bei Gebäudereinigern. Damit entscheidet aber nicht der Gesetzgeber über die Untergrenze, sondern die Tarifparteien.

Müntefering dagegen argumentiert mit den "Aufstockern", also jenen Arbeitnehmern, die so wenig verdienen, dass ihr Gehalt auf das Hartz-IV-Niveau angehoben werden muss. Stiege der Arbeitslosen-Satz, müsste der Staat auch mehr für diese Gruppe lockermachen. Ein allgemeiner Mindestlohn machte es aus Sicht der SPD unmöglich, überhaupt derart niedrige Gehälter zu zahlen.

Die Arbeitgeber lehnten höhere Hartz-IV-Sätze am Wochenende ab. Derzeit würden die Leistungen entsprechend der Rentensteigerung jährlich angepasst und regelmäßig überprüft. "Das ist für ein System der Existenzsicherung richtig und angemessen", hieß es beim Arbeitgeber-Dachverband BDA.

Grüne und Linkspartei forderten dagegen eine Erhöhung. "Die 347 Euro reichen bei weitem nicht aus, um ein angemessenes Leben führen zu können", sagte Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine in Berlin. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer forderte eine Bandbreite von 390 bis 450 Euro für den Regelsatz.

Zuvor hatten sich auch mehrere Unions-Politiker für eine Prüfung der Leistungen ausgesprochen, darunter die Ministerpräsidenten von Thüringen und Bayern, Dieter Althaus und Edmund Stoiber. Eine Verknüpfung mit einem Mindestlohn lehnte Althaus dagegen ab.

Ein Sprecher Münteferings sprach am Wochenende von einem Zickzack-Kurs der Union. "Das ist keine gute Erfahrung in einer Koalition." Die Arbeitsmarktpolitik soll auch Gegenstand der Kabinettsklausur werden, zu der die Mitglieder der Bundesregierung Ende kommender Woche im brandenburgischen Meseberg zusammenkommen.

© SZ vom 13.08.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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