Streit um CSU-Vorsitz:Politische Teil-Auferstehung Stoibers nicht ausgeschlossen

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Der CSU steht eine höchst demokratische, aber ziemlich fremde Erfahrung bevor: die Kampfkandidatur zweier Bewerber um ein Spitzenamt. Nun denken Parteifreunde über Stoibers Verbleib als CSU-Chef nach.

Peter Fahrenholz

In der CSU war die Erleichterung groß, als Edmund Stoiber vergangene Woche seinen Abschied als Ministerpräsident und als CSU-Parteivorsitzender ankündigte. Insgesamt zwanzig Stunden hatten ihn zuvor die Landtagsabgeordneten in Kreuth bedrängt, um seinen Rückzug zu erzwingen.

Doch inzwischen wird in der CSU eine spektakuläre politische Teil-Auferstehung Stoibers nicht mehr ausgeschlossen. Stoiber könne doch nur als Ministerpräsident abtreten, als Parteichef aber noch ein Weilchen bleiben, heißt es in München.

Genährt werden solche Spekulationen durch die verworrene Gemengelage in der Diskussion über Stoibers Nachfolge als Parteichef. So wie sich die CSU-Landtagsabgeordneten die Sache vorgestellt hatten, nämlich einfach Günther Beckstein zum neuen Ministerpräsidenten und Erwin Huber zum neuen Parteichef auszurufen, funktioniert es nicht. Denn CSU-Vize Horst Seehofer denkt überhaupt nicht daran, um des lieben Parteifriedens willen auf seine Ambitionen zu verzichten, und hält eisern an seiner eigenen Kandidatur fest.

Damit steht der CSU eine zwar höchst demokratische, ihr aber ziemlich fremde Erfahrung bevor: die Kampfkandidatur zweier Bewerber um ein Spitzenamt. In der CSU wird eine solche Vorstellung seit jeher mit Streit, Lagerbildung und monatelanger Selbstzerfleischung assoziiert. Die ,,einvernehmliche Lösung'', die bei den Christsozialen seit Tagen herbeigesehnt wird, könnte deshalb darin bestehen, den CSU-Vorsitz erst vor der Bundestagswahl 2009 neu zu besetzen und bis dahin mit Stoiber weiterzumachen.

Vor allem der Berliner CSU-Landesgruppe könnte eine solche Lösung gelegen kommen. Denn alle Modelle, wie zwischen den Rivalen Huber und Seehofer eine für beide attraktive Balance gefunden werden könnte, gelten bei Kennern der komplizierten Berliner Koalitionsarithmetik als völlig abwegig. Etwa die Vorstellung, die CSU könne mit Huber und Seehofer im Koalitionsausschuss vertreten sein. Das würden die Koalitionspartner auf keinen Fall mitmachen, heißt es bei Berliner CSU-Politikern.

Keineswegs ein gebrochener Mann

Als Erster bekannte sich der fränkische Bundestagsabgeordnete Josef Göppel namentlich dazu, Stoiber doch den Parteivorsitz zu lassen. ,,Ich kann mir das gut vorstellen'', sagte Göppel und erinnerte an Willy Brandt. Der sei nach seinem Rücktritt als Kanzler noch jahrelang SPD-Chef gewesen und habe seiner Partei über manche Klippe geholfen.

Zusätzlich an Fahrt gewinnen die Gerüchte um den Teil-Rücktritt vom Rücktritt auch durch Stoibers Verhalten. Seit der Verkündung seines Rückzugs im Herbst scheint eine Last von ihm abgefallen zu sein. Im CSU-Vorstand am Montag präsentierte sich keineswegs ein gebrochener Mann.

Selbstbewusst sei Stoiber aufgetreten, habe weiterhin eine aktive Rolle für sich reklamiert. ,,Täuscht euch nicht, ich bin noch nicht tot'', soll er dort gesagt haben. Stoiber, so interpretieren es langjährige Weggefährten, wolle allen beweisen, dass die Entscheidung falsch gewesen sei, ihn in die Wüste zu schicken. Die Zeit könnte für ihn arbeiten. ,,Der wartet einfach ab, bis sich die anderen verhaken'', sagt ein CSU-Präside.

© SZ vom 25.01.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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