Streikrecht für Beamte:Entweder - oder

Kommt aus Karlsruhe das Ende des deutschen Beamtenstaats?

Von Nikolaus Piper

Sollen demnächst in Deutschland Lehrer und andere Beamte streiken dürfen wie andere Arbeitnehmer auch? Nach der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch ist die Antwort: mit hoher Wahrscheinlichkeit nein. Die Richter werden wohl nicht dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte folgen, wonach das Streikrecht ein Menschenrecht ist, das man nicht einmal unkündbaren Beamten entziehen darf.

Für die klagenden Lehrer und die Gewerkschaft GEW mag dies auf eine Niederlage hinauslaufen, für das Gemeinwesen wäre es ein Gewinn. Würde das Streikverbot für Beamte tatsächlich fallen, wäre dies das Ende des deutschen Beamtenstaats. Das hat mit den besonderen Beziehungen zwischen dem Staat und seinen Beschäftigten zu tun. Arbeitgeber ist ja nicht irgendein Minister, sondern die Gesamtheit der Bürger, und die kann sich gegen erpresserische Streiks schlecht wehren. Deshalb wird der Staat in vielen Ländern zur Beute seiner Bediensteten. Im Vergleich dazu hat die Bundesrepublik Glück mit ihrem öffentlichen Dienst und ihren Beamten.

Damit das so bleibt, muss die Balance der Interessen gewahrt werden; der Unkündbarkeit entspricht das Streikverbot. Entfällt das eine, ist auch das andere obsolet. Lehrer und andere Staatsbedienstete müssten dann normale Angestellte werden, es sei denn, sie nähmen hoheitliche Aufgaben wahr, wie Soldaten, Polizisten, Richter. Ein Ergebnis, das wohl auch die GEW nicht will.

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: