Strauß-Dynastie:"Wir sind wie Eisbären"

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Die Strauß-Geschwister halten zusammen, "wenn es sein muss, auch gegen den Rest der Welt", so Monika Hohlmeier. Max Strauß hat immer wieder seine Unschuld beteuert. Franz Georg hat auf eigene Faust weltweit ermittelt, um das auch zu beweisen. Nun sehen sich die drei durch den Karlsruher Beschluss bestätigt.

Hans Leyendecker

Am vergangenen Samstagabend klingelt bei Franz Georg Strauß, 44, einem Sohn von Franz Josef Strauß, um 22.30 Uhr das Telefon. "Du, hallo", sagt sein Bruder Max Josef. "Die haben das Urteil aufgehoben." "Komplett?" fragt Franz Georg. "Ja", antwortet der 46-Jährige.

Beide Strauß-Söhne sind gelernte Juristen, und sie brauchen nicht viele Worte, um einander zu verstehen. Er sei gerade erst nach Hause gekommen, begründet Max Strauß den späten Anruf, und habe in der Post den dicken Umschlag des Bundesgerichtshofs entdeckt. Dann rufen die Brüder noch die Schwester, die frühere bayerische CSU-Kultusministerin Monika Hohlmeier, an.

Am Sonntagmorgen, Punkt 12.59 Uhr, mailt Max den von fünf Richtern unterschriebenen 19-seitigen Beschluss an die Geschwister und macht, wie es sich gehört, eine ordentliche Betreff-Zeile: "WG: BGH-Revisionsbeschluss Max J. Strauß Aufhebung des Urteils des LG Augsburg". "Ich freue mich riesig", sagt Monika Hohlmeier. "Gigantisch", stimmt Franz Georg zu.

Aufstieg und Fall einer Dynastie

Max Strauß hat immer wieder seine Unschuld beteuert, und seine Geschwister haben ihm, trotz gelegentlicher Restzweifel, geglaubt. "Ich bin von der Unschuld meines Bruders überzeugt", hat Frau Hohlmeier auch nach dem im Juli 2004 verkündeten Augsburger Urteil erklärt. "Das Urteil wird keinen Bestand haben", hat Franz Georg jedem gesagt, der es hören wollte oder nicht. "Was soll das für ein Treuhandverhältnis mit dem Schreiber gewesen sein?", fragte er Zweifler.

Über Aufstieg und Fall der Dynastie Strauß in Bayern ist nach dem erstinstanzlichen Urteil gegen Max Strauß im Juli 2004 und dem Rücktritt von Monika Hohlmeier im Sommer dieses Jahres viel geschrieben worden, auch über angebliche Risse in der Familie. Aber, alles in allem, hält sich der Clan die Treue. "Wir sind wie Eisbären", hat Monika Hohlmeier einmal gesagt, "die verteidigen ihre Familienmitglieder, wenn es sein muss, gegen den Rest der Welt."

Das ist, insbesondere im Fall Max, den der Vater einst zum Nachfolger erkoren hat, nicht immer einfach. "Mangels väterlicher Intelligenz und Ausgebufftheit haben sie sich beim Pokern überschätzt und müssen nun die Spielschulden begleichen", schrieb ein Focus-Leser. Auch CSU-Parlamentarier haben ihrem Parteifreund Max Strauß das Konto mit den 5,2 Millionen Mark zugeschoben und von "eindeutigen Ermittlungsergebnissen der Augsburger Staatsanwaltschaft" gesprochen.

Monatelang wird der älteste Spross der Familie in der Psychiatrie behandelt, und das Urteil da draußen steht früh fest: Eine üble Familienbande. "Strauß wolle nur den "Jagdschein", um am Gefängnis vorbeizukommen, meint ein Zeitungskommentator. "Mein Bruder ist schwer krank", wendet Monika Hohlmeier ein.

"Ein Kumpel von uns war Schreiber nie"

Dass der BGH nun das Urteil aufgehoben hat, sei auch ein Erfolg von Franz Georg Strauß, sagt der Bonner Anwalt Professor Heiko Lesch, der an der Revisionsbegründung mitgearbeitet hat. Mehr als ein Jahr hat Franz Georg weltweit auf eigene Faust ermittelt und herauszufinden versucht, wer das von dem Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber eingerichtete und seinem Bruder zugerechnete Konto "Maxwell" abgeräumt hat. Er fuhr in die Schweiz, nach Liechtenstein und traf sich inoffiziell mit Bankangestellten und Ermittlern. Nach seiner Rückkehr landeten die Kontoauszüge bei einem der Anwälte von Max.

Der Bundesgerichtshof stellte dazu in seinem Beschluss fest: Die vorgelegten Kontoauszüge ergäben "zahlreiche Verfügungen über dieses Konto durch Schreiber, so Überweisungen hoher Beträge an sich selbst", an eine ihm gehörende Firma, an einen Geschäftspartner und an ein Schweizer Anwaltsbüro. Schreiber habe über das dem vom Landgericht Max Strauß zugerechnete Konto "wie über ein eigenes Girokonto verfügt". Bereits im Sommer 2002 war Franz Georg in Begleitung eines Wirtschaftsprüfers zu Schreiber nach Kanada gereist, um Auskünfte über die Transfers zu bekommen.

Schreiber duzt sich nicht nur mit Max, der ihm mal vertraute, sondern auch mit Franz Georg. "Aber ein Kumpel von uns war der nie", sagt Franz Georg. "Der war auch nicht der Intimus meines Vaters, wie manchmal behauptet wird." Das vorletzte Mal habe er 1992 Schreiber getroffen. Der habe ihm "vorgeschwärmt, wie toll die Sozis in Düsseldorf und wie doof die Stoiber-Leute" seien. Das habe ihn damals verwundert. Später habe er erfahren, dass Schreiber damals mit dem Düsseldorfer Thyssen-Konzern große Geschäfte machte - und in NRW regierten die Sozialdemokraten.

Das Treffen mit Schreiber in Kanada im August 2002 in Kanada sei "merkwürdig" gewesen, stellt Franz Georg Strauß fest. Der habe "immer von Gunmen geredet", von Pistoleros, die ihn bedrohten, wenn er über die Spur des Geldes rede. Er müsse seine Hintermänner erst fragen, und die Antwort fiel erwartungsgemäß aus: Er dürfe nicht darüber reden, habe ihm Schreiber gesagt. Die seien sehr gefährlich. "Der hat mich eiskalt belogen", stellt nun Franz Georg fest. Und: Er kenne niemanden, der der Familie Strauß mehr geschadet habe als Schreiber.

Früher habe Schreiber "Geld aus dem Erbe meiner Mutter bei einem Grundstücksgeschäft in Kanada in den Sand gesetzt", dann habe er "den unschuldigen Max hängen lassen". Die von Schreiber auch aufgetischte Geschichte, das Maxwell-Geld sei eine Art Geheimfonds für die CSU gewesen, von dem Strauß senior und dessen Vertrauter Franz Josef Dannecker, Spitzname "Maxwell", gewusst hätten, sei "Unsinn".

So sieht es auch der BGH, der in diesem Punkt ausnahmsweise dem Augsburger Landgericht zustimmt: Die Wirtschaftsstrafkammer habe "tragfähig ausgeschlossen, dass Schreiber das Konto für den früheren CSU-Funktionsträger Dr.Dannecker führte und die dort verbuchten Beträge somit auf diesem Wege als der CSU zugedachte Gelder anzusehen sind".

© SZ vom 18.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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