Strafmaßnahmen:Den Saft abdrehen

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2016 fand die Flugschau in der nordkoreanischen Küstenstadt Wonsan noch statt. Wegen Treibstoffknappheit wurde die Veranstaltung in diesem Jahr abgesagt. (Foto: KCNA/Reuters)

Treibstoff, Rohstoffe, Lebensmittel: Fast alle in Nordkorea erhältlichen Güter kommen aus dem Nachbarland China. Nun werden international die Forderungen nach härteren Sanktionen gegen Nordkorea lauter.

Von Christoph Giesen

Die Tickets waren verkauft, das Hotel gebucht: Ende September sollte in Wonsan, einer Stadt an der nordkoreanischen Ostküste, eine Flugschau stattfinden. Zum zweiten Mal bereits. Auf dem Programm standen Rundflüge mit Maschinen der Staatslinie Air Koryo, Fallschirmspringen und waghalsige Flugakrobaten. Geplanter Höhepunkt am letzten Tag des Festivals: Ein großes Feuerwerk im Hafen von Wonsan. Dazu wird es nicht kommen. Vor gut zehn Tagen kam die Absage. Fragt man bei den Veranstaltern in Nordkorea nach, heißt es ganz offen: Der Grund für das Aus sei die Treibstoffknappheit im Land. Dabei gibt es gar keinen Mangel - zumindest noch nicht.

Vor allem chinesische Unternehmen liefern Benzin, Diesel und Kerosin nach Nordkorea - ein Teil davon fließt über eine Pipeline. Der Rest wird per Tankschiff gebracht, und in den Häfen von Nampo und Wonsan gelöscht. Nach dem sechsten Atomtest Nordkoreas werden aber nun in Japan, Südkorea und Europa die Stimmen lauter, die sich für eine erneute Verschärfung der Sanktionen einsetzen. Die wichtigste Forderung: Die Treibstofflieferungen nach Nordkorea sollen ausgesetzt werden.

In den Supermärkten der Hauptstadt kann man fast alles kaufen

Die bisherigen Sanktionen zielen vor allem darauf ab, die Deviseneinnahmen des Regimes in Pjöngjang zu beschneiden. So dürfen zum Beispiel keine Kohle, kein Blei, kein Eisen und keine Meeresfrüchte aus Nordkorea mehr nach China exportiert werden. Nach Nordkorea wird hingegen weiterhin rege verkauft. In den Supermärkten der Hauptstadt kann man fast alles finden. Der Nachschub kommt aus China: Täglich fahren Hunderte Lastwagen über die Grenze. 90 Prozent des nordkoreanischen Außenhandels werden mit chinesischen Unternehmen abgewickelt.

Die einzige Ausnahme ist die China National Petroleum Corporation (CNPC), einer der drei großen staatlichen Ölkonzerne in China. Vor zwei Monaten stellte das Unternehmen die Lieferung von Benzin und Diesel nach Nordkorea ein. Grund dafür seien Befürchtungen, dass Rechnungen nicht beglichen werden könnten, hieß es in einer Mitteilung.

Das letzte Mal stoppte China die Treibstofflieferungen 2003. Überraschend mussten damals ohne Vorwarnung "Wartungsarbeiten" an der Pipeline durchgeführt werden. Drei Tage floss kein Öl. In Pjöngjang verstand man den Wink aus Peking und kehrte an den Verhandlungstisch zurück. Nordkoreas Emissäre hatten sich zuvor von den Sechs-Parteien-Gesprächen zurückgezogen. Heute aber scheint Nordkorea besser vorbereitet zu sein.

Seit dem Frühjahr sind die Preise im Land um mehr als 70 Prozent gestiegen. Für zehn Kilogramm Benzin (das ist die gängige Einheit und entspricht etwa 13,3 Litern) bezahlten Hilfsorganisationen damals 13 Euro, heute sind weit mehr als 20 Euro fällig. Für Autos mit nordkoreanischen Nummernschildern gelten zudem strikte Auflagen. An geraden Tagen dürfen nur Fahrzeuge mit geraden Nummernschildern auf die Straße. An ungeraden Tagen sind die ungeraden Kennzeichen dran. Wer nach Einbruch der Dunkelheit fahren möchte, braucht gar eine Sondergenehmigung. Dem Atomprogramm wird alles untergeordnet.

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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