Stoiber-Rede:Sag beim Abschied leise - ja, was denn?

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Wer von der letzten Grundsatzrede Stoibers auf dem Parteitag Großes oder gar Visionäres erwartet hat, wurde enttäuscht: Seine Rede war langweilig - und uninspiriert konservativ.

Sebastian Beck

Es ist Schluss, aus und vorbei. Endlich. Die CSU klatscht an diesem Wochenende auf dem Parteitag in München ihren Vorsitzenden Edmund Stoiber zur Tür hinaus, gerührt und erleichtert zugleich.

Am Freitag hat sie schon einmal damit angefangen und ihm nach seiner letzten, ziemlich mittelmäßigen Grundsatzrede minutenlang Applaus gespendet. An diesem Samstag wird das Gefühlige im Mittelpunkt stehen, es werden echte und falsche Tränen fließen. Hauptsache, er ist weg. Dem Vernehmen nach will der Privatmann Doktor Stoiber am Sonntag erst einmal aufs Münchner Oktoberfest gehen und eine Maß Bier trinken, einfach so.

Seine Rede zum Auftakt des Parteitags war alles andere als visionär. Es gab ja auch wenig, was er der CSU noch hätte mitgeben können, zumal er der Bild sein "politisches Vermächtnis" bereits vorab diktiert hatte. Die ein oder andere Passage daraus fand sich fast wörtlich in seiner Parteitagsrede wieder.

Statt der CSU den Weg in die Zukunft zu weisen, verlor er sich über weite Strecken in kleinlichem parteipolitischen Hickhack. Als Feindbild bemühte er das alte Klischee von den Achtundsechzigern und den Grünen, die seiner Meinung nach für alles Schlechte auf der Welt und insbesondere für den Verfall der Werte verantwortlich sind. Die CSU setze dagegen auf Familie, Glaube, Heimat und deutsche Leitkultur, wie Stoiber nicht müde wurde zu wiederholen.

Rückzug in den bayerischen Herrgottswinkel

All das ist nicht neu, es gehört zum Standardrepertoire. Nur die Betonung zeigt, dass sich die Partei nach all den Jahren der ungebremsten Technologiebegeisterung wieder auf ihre wertkonservativen Wurzeln besinnen möchte. Es klingt ganz nach einem Rückzug in den bayerischen Herrgottswinkel, weil die Welt da draußen so feindselig und unübersichtlich geworden ist.

Aber in dieser Frage ist sich Stoiber mit seinen potentiellen Nachfolgern Erwin Huber, Horst Seehofer und Günther Beckstein einig: Die CSU soll wieder als konservative Kraft wahrgenommen werden. Nicht nur, weil sich die Partei damit in Berlin von der CDU absetzen kann, die aus Sicht der CSU sozialdemokratische und damit verderbliche Züge angenommen hat.

Vielmehr richtet die Partei ihr Augenmerk bereits auf die bayerischen Kommunal- und Landtagswahlen im nächsten Jahr. Das Missgeschick der ÖVP in Österreich gilt Stoiber als mahnendes Beispiel: Deren Anhänger seien bei der Wahl daheim geblieben, weil ihre Partei allzu liberale Positionen vertreten habe. Der CSU soll das nicht passieren, und deshalb gilt ab sofort die Losung: Kampf dem Wertverfall.

Nur die Delegierten nahmen Stoibers Aufruf seltsam ungerührt zur Kenntnis. Das lag daran, dass die Rede so langweilig war, dass ein Teil der Zuhörer es vorzog, sich im Foyer zu unterhalten, statt dem scheidenden Parteichef zu lauschen. Die CSU, so scheint es, hat von Stoiber längst Abschied genommen, auch wenn sie ihn noch einmal feiern muss.

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