Steuerstreit:Ein Schritt zur Finanzautonomie

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Israel überweist seit Monaten wieder Steuergeld an die Palästinenser. Beide Seiten wollen besser kooperieren, aber ein großer Streitpunkt bleibt.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

1,5 Milliarden Schekel, umgerechnet etwa 400 Millionen Euro, hat das israelische Finanzministerium am Sonntag an die palästinensische Autonomiebehörde überwiesen. Diesen Betrag hatte Israel in den vergangenen Monaten an Steuern und Zöllen für die Palästinenser eingenommen. Weil der finanzielle Kollaps immer näher rückte, hatte deren Präsident Mahmud Abbas seine Weigerung aufgegeben, das Geld anzunehmen.

Auslöser des Streits war die Ankündigung Israels, die Überweisungen um etwa elf Millionen Euro pro Monat zu kürzen. Das ist jene Summe, die die Palästinenser nach israelischer Darstellung an Familien von Attentätern oder Gefangene überweisen, die in Israel einsitzen. Die Israelis sehen in dem sogenannten Märtyrerfonds einen Anreiz, Attentate zu verüben. Die Palästinenser verteidigen diese Zahlungen als Unterstützung für Familien, die ihren Ernährer verloren haben. Wegen dieser Kürzung kündigte Abbas im Februar an, auf die gesamten Überweisungen zu verzichten. Er drohte damit, die Sicherheitskooperation mit Israel einzustellen.

In den folgenden Monaten wurde die Finanznot immer größer. Die Autonomiebehörde konnte trotz der Aufnahme von Krediten die Gehälter der etwa 160 000 Angestellten im öffentlichen Bereich nur noch zum Teil zahlen. Im August kamen Israelis und Palästinenser in einem ersten Schritt überein, dass die Autonomiebehörde selbst Steuern auf Benzin einheben kann. Außerdem wurden etwa 500 Millionen Euro freigegeben - Steuereinnahmen auf Treibstoff aus den vergangenen Monaten.

Nun gibt es eine prinzipielle Verständigung zwischen dem israelischen Finanzminister Mosche Kahlon und dem palästinensischen Minister für zivile Angelegenheiten, Hussein al-Sheikh, dass die Einnahmen wieder überwiesen und angenommen werden. Israel hält aber weiter elf Millionen Euro pro Monat zurück, die den Zahlungen für den Märtyrerfonds entsprechen. "Der Disput über die Zahlungen an die Familien von Gefangenen und Märtyrern bleibt", twitterte der palästinensische Minister. "Wir sind entschlossen, diese Beiträge weiter um jeden Preis zu zahlen."

Die Palästinenser verbuchen jedoch als Erfolg, dass seit Sonntag in einer gemeinsamen Kommission über eine Änderung des gesamten Mechanismus verhandelt wird, der seit den Osloer Friedensverträgen Anfang 1993 in Kraft ist. Wie in den Pariser Protokollen 1994 vereinbart, erhebt Israel Steuern und Zölle auf Güter, die in palästinensische Gebiete importiert werden. Etwa 2,2 Milliarden Euro werden pro Jahr an die Palästinenser weitergereicht und machen 70 Prozent des Budgets aus. Vorbild für ein neues Modell ist die im August erzielte Vereinbarung über Treibstoff, wonach die Palästinenser selbst die Steuern einnehmen können. Die Palästinenser wollen diesen Mechanismus auf möglichst viele Bereiche ausdehnen, um die Abhängigkeit zu reduzieren und Verwaltungsgebühren einsparen.

Die im Gazastreifen regierende Hamas kritisierte das Einlenken der Autonomiebehörde. Ein weiterer Versuch, zwischen Hamas und der im Westjordanland regierenden Fatah eine Versöhnung herbeizuführen, war zuvor gescheitert.

© SZ vom 07.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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