Steuern:Warum Söder recht hat

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Die Inflation steigt, und die Zinsen bleiben bei null. Deshalb können die Bürger bald weniger ausgeben. Trotzdem hält sich Finanzminister Wolfgang Schäuble Steuererhöhrungen offen. Ein Fehler.

Von Cerstin Gammelin

Die Union hat viel Mühe darauf verwendet, den Streit über eine Obergrenze für Flüchtlinge wenigstens in der Lautstärke zu dimmen. In die gefühlte Beruhigung hinein schwappt nun ein weiterer Dissens, der grundsätzlich genug ist, um den angestrebten gemeinsamen Bundestagswahlkampf von CDU und CSU erneut ein Stück schwieriger zu machen. Die Schwesterparteien sind sich uneins in der Steuerpolitik.

Ziemlich unverblümt hat Wolfgang Schäuble klargestellt, dass er für die CDU in der nächsten Legislaturperiode Steuererhöhungen nicht ausschließt, soweit sie in der Summe durch Steuersenkungen an anderer Stelle ausgeglichen werden. Und genauso klar fällt die Reaktion der CSU aus. Nicht mit uns, lässt sich Markus Söder vernehmen. Bayerns Finanzminister schließt Steuererhöhungen komplett aus, er will Steuern senken, und das am besten noch vor der Bundestagswahl beschließen.

Der Dissens ist keine Bagatelle, die mal eben so auszuräumen wäre. CDU und CSU streben im Steuerwahlkampf in verschiedene Richtungen. Und anders als bei früheren Auseinandersetzungen (etwa über die Erbschaftsteuer), als Schäuble zwar die besseren Argumente auf seiner Seite hatte, der Bayer aber über den Bundesrat die Mehrheit, gilt in diesem Fall: Söder hat recht. CDU und CSU sind glaubwürdiger, wenn sie zunächst einmal ihr Versprechen umsetzen, die finanzielle Belastung der Bürger zu reduzieren.

Die Inflation steigt wieder, die Bürger können weniger kaufen

In diesem Jahr, das eben auch Wahljahr ist, werden die Bürger wirkliche Verluste in der Kaufkraft hinnehmen müssen. Schon bisher war der Ärger darüber groß, dass herkömmliche risikoarme Geldanlagen keine oder kaum Zinsen abwerfen. Aber immerhin blieb der Wert des Geldes konstant, weil die Preise nicht anzogen. Inzwischen aber geht die Inflation nach oben. Weil zugleich die Zinsen weiter um null pendeln, werden sich die Bürger immer weniger für ihr Geld kaufen können.

Andererseits bringen die niedrigen Zinsen dem Staatshaushalt auch in diesem Jahr deutliche Ersparnisse. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es Parteien geben, die ihren Wahlkampf auf diesen Widerspruch ausrichten und das vermeintliche Abzocken der Bürger polemisieren wollen. Wer dieses Argument entkräften will, ist gut beraten, eine glaubwürdige Alternative anzubieten.

Und hier setzt Söders Idee an. Tatsächlich hat die große Koalition noch ein paar Monate Zeit, um das in Aussicht gestellte Steuerpaket zu schnüren. Bundesfinanzminister Schäuble könnte in den Bundeshaushalt 2018, den er noch aufstellen wird, schon einpreisen, was er seit vorigem Sommer angekündigt hat: 15 Milliarden Euro Steuerentlastung.

Dieses Einpreisen ist als Glaubwürdigkeitstest bestens geeignet. CDU und CSU, die ja weiterregieren wollen, könnten beweisen, dass sie es ernst meinen mit der finanziellen Entlastung. Und Schäuble müsste Farbe bekennen, ob er die Senkung überhaupt versprechen kann, ohne zugleich anderswo Steuern erhöhen zu müssen.

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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