Steuereinnahmen:Leck in der Haushaltskasse

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Nach Berechnungen der Steuerschätzer fehlen dem Bund dieses Jahr 3,5 Milliarden Euro. Die Länder nehmen 4,1 Milliarden weniger ein.

Marc Beise

Steuereinnahmen in Höhe von etwa 126 Milliarden Euro werden Bund, Ländern und Gemeinden in diesem und den nächsten drei Jahren gegenüber der bisherigen Planung fehlen - eine atemberaubende Summe, die sich jedoch bei näherer Betrachtung relativiert.

Denn die Steuerexperten, die sich in ihrer 121. Sitzung drei Tage lang über die Finanzen des Staates gebeugt haben, bieten Daten für die nächsten fünf Jahre, also von 2003 bis 2007.

Die Summe von 126 Milliarden Euro Mindereinnahmen bis 2006 ist entsprechend unsicher. Heutige Steuerausfälle wirken sich auf spätere Zeiten um ein Vielfaches höher aus; sollte es dagegen für den Staat 2004 oder 2005 besser laufen als prognostiziert, wird sich auch eine deutlich verringerte Endsumme ergeben.

Auf ein Jahr bezogen, haben die Steuerausfälle einen überschaubareren Charakter, wirken sich deshalb aber für die öffentlichen Haushalte nicht weniger gravierend aus. So muss sich der Bund nach den gegenwärtigen Erkenntnissen im laufenden Jahr mit 3,5 Milliarden Euro weniger begnügen. Das ist zwar nur ein kleiner Teil seiner jährlichen Gesamtsteuereinnahmen von 196 Milliarden Euro.

Aber Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat den Etat erklärtermaßen "auf Kante genäht". Zusammen mit den rapide wachsenden Ausgaben, vor allem durch die für sie weiterhin unerwartet hohe Arbeitslosigkeit, ergibt sich für die Haushälter der Bundesregierung ein echtes Problem.

Erst recht gilt das für das Jahr 2004, dessen Finanzierung die Experten im Bundesfinanzministerium bereits konzipieren. Dann nämlich fehlen wegen des erwähnten Fortschreibungseffekts dem Bund bereits 12,5 Milliarden Euro.

Gänzlich unangenehem für die Länder

Noch unangenehmer ist die Lage für die Länder. Diesen gehen 2003 insgesamt 4,1 Milliarden Euro ab - mehrere hundert Millionen pro Bundesland. Die Kommunen wiederum müssen mit einer Milliarde Euro weniger rechnen (minus zwei Prozent). Es bleiben 51,5 Milliarden Euro - aufzuteilen jedoch auf 5700 Städte und Gemeinden.

Die Einzelanalyse der 29 begutachteten Einzelsteuern sowie der Zölle ist derzeit noch nicht möglich, da die Detailarbeit der Experten noch einige Tage weitergehen wird. Zu erkennen ist aber bereits, dass die Entwicklung der Lohnsteuer "die Lage auf dem Arbeitsmarkt widerspiegelt".

Mit anderen Worten: Auch diese Einnahmen werden deutlich hinter den früheren Erwartungen zurückbleiben. Die Umsatzsteuer wiederum leidet unter der schwachen Binnennachfrage.

Auch schmälern nach wie vor Umsatzsteuerbetrügereien in großem Umfang das Aufkommen - obwohl der Gesetzgeber das seit Jahren bekannte und beklagte Problem mit dem so genannten Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz in den Griff zu bekommen gehofft hatte.

Dass die Gewerbesteuer um fast 7,5 Prozent hinter den Erwartungen zurückbleibt, trifft vor allem die Kommunen, deren Haupteinnahmequelle sie ist. Und die von Kapitalgesellschaften zu zahlende Körperschaftsteuer, die zuletzt wegen der Verrechnung von Steuergutschriften besonders großer Unternehmen fast völlig weggebrochen war, wird sich in den kommenden Jahren "zunehmend stabilisieren", hofft jedenfalls Finanzminister Eichel.

Ein hilfreicher Zufall war es, dass die Ergebnisse der Steuerschätzung zusammenfielen mit der Mitteilung über das zum Erliegen gekommene Wirtschaftswachstum Deutschlands im ersten Quartal.

Damit wurde die Vorläufigkeit der Steuerschätzung besonders deutlich. Denn die Experten müssen von der offiziellen Wachstumsschätzung der Bundesregierung ausgehen und haben nur wenig Spielraum, sie zu relativieren. Diese liegt bei 0,75 Prozent. Eine unrealistisch hohe Annahme.

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