Stabilitätspakt:Gleich, gleicher, Frankreich

Jean-Claude Juncke gibt sich als Paris-Freund und verhält sich anmaßend.

Von Alexander Mühlauer

Keine Frage, Jean-Claude Juncker ist ein Connaisseur Frankreichs. Der Präsident der Europäischen Kommission kennt das Land, er weiß um dessen Stärken und Marotten. Juncker hat recht, wenn er bei seinen politischen Entscheidungen auch die Befindlichkeiten einer Nation berücksichtigt. Das ist nicht nur menschlich, es ist in einer EU mit 28 Mitgliedsstaaten auch klug, weil es Konflikten vorbeugen kann. Manchmal muss man eben über die Schwächen des anderen hinwegsehen. Gefährlich wird es allerdings, wenn man sich dafür über Regeln hinwegsetzt, die für alle in der Gemeinschaft gelten. Genau das hat Juncker nun erneut getan.

Der Kommissionschef gewährt Frankreich beim Stabilitätspakt seit Jahren Ausnahmen von der Regel. Doch noch nie war seine Begründung dafür so anmaßend wie jetzt: "Weil es Frankreich ist." Dieses Argument mag in Paris gut ankommen, im Rest Europas schürt es Ressentiments, die den Zusammenhalt in der EU gefährden. Denn wenn Frankreich sich etwas erlauben darf, weil es eben so ist wie es ist, dann ist das nicht nur eine beliebige politische Kategorie; sondern es stellt das Fundament infrage, auf dem Europa gebaut ist: gemeinsame Regeln.

Und das ist gar nicht mehr klug. Juncker handelt dann à la Pipi Langstrumpf: "Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt." Getreu dem Motto: Er darf das. Weil er Juncker ist.

© SZ vom 03.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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