Staatsbesuch:Der Anti-Diplomat

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Boris Johnson (links) sollte Großbritanniens neuer Premierminister werden, findet Donald Trump. (Foto: Evan Vucci/dpa)

Er mischt sich in die Innenpolitik ein und bezeichnet Herzogin Meghan als "fies": Bereits vor seinem Eintreffen in Großbritannien erregt US-Präsident Donald Trump die Gemüter.

Von Cathrin Kahlweit, London

Schon bevor US-Präsident Donald Trump am diesem Montagmorgen zu einem dreitätigen Staatsbesuch in der britischen Hauptstadt eintrifft, hat er zwei kontroverse Interviews gegeben, diplomatische Regeln gebrochen und starke, vorwiegend negative Reaktionen hervorgerufen. Der Sunday Times sagte Trump vor seiner Abreise aus Washington, er halte Ex-Außenminister Boris Johnson, der zurzeit im Ringen um die Nachfolge von Theresa May die Umfragen anführt, für einen "exzellenten" Premierminister - unter anderem, weil er "sich positiv über mich und mein Land geäußert hat".

Damit brach Trump mit dem Comment, sich bei Staatsbesuchen nicht in die Innenpolitik des Gastlandes einzumischen. Er riet der nächsten Regierung auch, den Chef der Brexit-Party, Nigel Farage, in Brexit-Verhandlungen einzubrinden. Farage hatte mit seiner Gruppierung bei der EU-Wahl mehr als 30 Prozent der Stimmen geholt. Trump sagte, Farage sei "eine kluge Person" und May wäre weitergekommen, wenn sie ihn hinzugezogen hätte. Auch zum Brexit äußerte sich der Präsident im Vorfeld seines Besuchs: Er plädierte für No Deal, einen Exit ohne Vertrag, und dafür, die Brüssel zugesagten 45 Milliarden Euro für die sogenannte Abschlussrechnung nicht zu zahlen.

In einem weiteren Interview mit der Sun nannte Trump die amerikanischen Ex-Schauspielerin und Herzogin von Sussex, Meghan, "fies"; sie hatte sich vor ihrer Hochzeit mit Prinz Harry kritisch über das Frauenbild und die Politik Trumps geäußert. Politiker im Königreich reagierten pikiert auf die Einmischung Trumps in den parteiinternen Wahlkampf der Tories und seine Parteinahme für Johnson. Der neue Parlamentsminister, Mel Stride, betonte, der US-amerikanische Präsident wähle nicht den nächsten britischen Premierminister aus.

Trump, der mit seinen vier erwachsenen Kindern anreist, wird an diesem Montag von der Queen in Buckingham Palace empfangen, wo am Abend auch ein Staatsdiner stattfinden soll. Kommentatoren interpretieren das als Trumps Sieg über eine widerstrebende Nation; er ist im Parlament nicht willkommen und Thronfolger Charles hat etwa zum Thema Klimawandel radikal andere Ansichten. Der Londoner Bürgermeister Sadiq Kahn nennt Trumps Rhetorik "faschistisch".

Am Dienstag trifft sich Trump mit der scheidenden Premierministerin. Dabei wird es auch um die von den USA kritisierte Entscheidung gehen, den chinesischen Konzern Huawei beim Ausbau des 5G-Netzes in Großbritannien heranzuziehen. Ein weiteres Thema dürfte ein Freihandelsvertrag sein; allerdings würden konkrete Gespräche erst nach dem Brexit beginnen. Am Mittwoch nimmt Trump an einer Gedenkfeier zum 75. Jubiläum des Beginns der alliierten Invasion in der Normandie 1944 teil.

Parallel zum Staatsbesuch werden wieder massive Proteste im ganzen Land erwartet. Auch der populäre, riesige Plastikballon in Form einer orangenen Trump-Puppe wird, wie schon 2018 bei Trumps Arbeitsbesuch, erneut über London aufsteigen.

© SZ vom 03.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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