Spionagevorwurf:NRW erbost über die Schweiz

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Der Düsseldorfer Finanzminister Borjans reagiert heftig auf Berichte, wonach die Eidgenossenschaft Agenten auf Steuerfahnder des Bundeslandes angesetzt haben soll.

Von Hans Leyendecker, München

Der Düsseldorfer Finanzminister Norbert Walter-Borjans hat heftig auf Berichte reagiert, der Schweizer Nachrichtendienst des Bundes (NDB) habe möglicherweise einen angeheuerten Agenten auf nordrhein-westfälische Steuerfahnder angesetzt. "Träfe das zu", so sagte der Sozialdemokrat, "wäre das skandalös und nicht geeignet, die Ankündigungen aus der Schweiz" über eine Abkehr vom "Geschäftsmodell des organisierten Steuerbetrugs . . . glaubhaft zu machen".

Das Schweizer Wirtschaftsblatt Bilanz hatte berichtet, ein Agent des NDB sei 2013 im Einsatz gewesen, um Informationen über Steuerfahnder aus NRW zu beschaffen. Offenbar waren Peter Beckhoff, der Leiter des Wuppertaler Finanzamts für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen, und einige seiner Kollegen im Visier des Schweizer Nachrichtendienstes.

Die Fahnder hätten offenbar "in ein Wespennest gestochen", sagt Norbert Walter-Borjans

Nach Angaben von Bilanz sollte der Agent, der eine Art freier Mitarbeiter des Nachrichtendienstes war, die Hintergründe von Datenkäufen ermitteln. Beckhoff und Kollegen hatten in den vergangenen Jahren nach Auswertung von Steuer-CDs zahlreiche Verfahren gegen Mitarbeiter Schweizer Banken wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingeleitet. Der NDB dementiert die Berichte über den Einsatz des Agenten nicht. Gegen ihn wird aus anderem Grund von der Berner Bundesanwaltschaft ermittelt. Der NDB erklärte, er äußere sich nicht zu laufenden Verfahren.

Sollte der Schweizer Geheimdienst "selbstherrlich gehandelt haben", so NRW-Finanzminister Walter-Borjans, "wäre es Sache der Schweizer Verantwortlichen, Konsequenzen zu ziehen." Weder in Deutschland noch in der Schweiz oder anderswo dürfe Steuerbetrügern "Zuflucht geboten" werden. Zugleich zeigte er sich durch den Vorgang in seiner Politik bestätigt: Die deutschen Steuerfahnder hätten offenbar mit der "Auswertung von Steuer-CDs in ein Wespennest gestochen".

Es ist unklar, ob der freiberufliche Agent, ein ehemaliger Zürcher Polizist, in Deutschland ernsthaft versucht hat, die Wege der Wuppertaler Steuerfahnder auszuspionieren. Bekannt ist nur, dass er für seinen Einsatz speziell ausgebildet worden sein soll. Er soll dafür in einer konspirativen Wohnung trainiert und mit einem verschlüsseltem Laptop ausgerüstet worden sein - wie Agenten so vorbereitet werden.

© SZ vom 25.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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