Spahn-Pläne:Zu dicke Polster

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"Übermäßig Geld horten" gehe nicht an, sagt Gesundheitsminister Spahn. Er meint damit einige Krankenkassen, deren Rücklagen er nun abbauen will.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Krankenkassen mit einem Gesetz dazu zwingen, hohe Finanzrücklagen abzubauen und möglichst die Beiträge der Versicherten zu senken. Kassen mit besonders hohen Reserven, so wie beispielsweise ein Großteil der AOK, sollen in den kommenden drei Jahren ihr dickes Polster abschmelzen, heißt es in einem Gesetzentwurf, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Außerdem will Spahn gut betuchten Versicherungen verbieten, Beiträge weiter zu erhöhen. Zwar gibt es schon heute eine gesetzliche Obergrenze für Kassenreserven. Allerdings fehlen Sanktionen, so wie sie der Minister plant. Wenn es nach Spahn geht, sollen Kassen, die mehr als das besitzen, was sie sonst in einem Monat ausgeben, an den sogenannten Gesundheitsfonds abgeben. "Wir wollen, dass Krankenkassen Rücklagen haben, aber sie sollen nicht übermäßig Geld horten", sagte er am Freitag in Berlin.

Koalitionspartner SPD sieht keinen Spielraum für Beitragssenkungen

Der Koalitionspartner SPD ist von Spahns Idee allerdings wenig begeistert. Der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der SZ, man werde den Vorstoß des Ministers "nicht unterstützen". Denn die Reserven der Kassen würden bald gebraucht, um etwa die geplanten Maßnahmen gegen den Pflegenotstand zu finanzieren. So sollen etwa Krankenpfleger in Kliniken besser vergütet werden. Auch eine angedachte Umstrukturierung der Notaufnahmen in Krankenhäusern werde für "erhebliche Mehrkosten" sorgen, prognostizierte Lauterbach. Einen Spielraum für Beitragssenkungen gebe es deshalb nicht.

Auch im Koalitionsvertrag, den Lauterbach mit Spahns Vorgänger im Amt, Hermann Gröhe, ausgehandelt hatte, findet sich nichts zu einem solchen Sparprogramm. Union und SPD hatten sich stattdessen darauf geeinigt, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber künftig die selben Beiträge zahlen sollen. In dem ersten Gesetzespaket seiner Amtszeit hat der neue Gesundheitsminister auch diese Verabredung umgesetzt. Von Januar 2019 an sollen sich Chefs und Angestellte die Kosten für den Zusatzbeitrag der Kassen teilen, den Arbeitnehmer bislang alleine zahlten.

Mit seinem Entwurf für ein "Versichertenentlastungsgesetz" will Jens Spahn außerdem Selbständige entlasten. Zurzeit orientiert sich der Krankenversicherungsbeitrag von Kleinstunternehmern an einem fiktiven Einkommen von 2284 Euro im Monat. Das ist mehr, als viele von ihnen tatsächlich verdienen. Deshalb ist der Kassenbeitrag oft schwer für sie zu stemmen. Spahn will dieses fiktive Einkommen nun auf 1142 Euro reduzieren - und damit den Versicherungsbeitrag Selbständiger auf 170 Euro senken.

Die Krankenkassenreform ist eines von drei Gesetzespaketen, die Spahn noch vor der Sommerpause auf den Weg bringen will. Auch das Sofortprogramm für die Pflege, das die Koalitionäre angekündigt hatten, sowie ein Gesetz für kürzere Wartezeiten beim Arzt will Spahn bis zum Juli vorlegen. "Wir wollen, dass die Verbesserungen für die Patienten schnell im Alltag spürbar werden", sagte Spahn. Sollte das Kabinett sein Entlastungsgesetz billigen, würden Krankenversicherte vom kommenden Jahr an insgesamt knapp sieben Milliarden Euro weniger Beiträge zahlen müssen, sagte er. Für Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von 3000 Euro wären das etwa 15 Euro im Monat.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink, sieht Spahns Vorschlag trotzdem kritisch. Den Krankenkassen die Reserven zu entziehen, werde ihren ökonomischen Wettbewerb verschärfen, sagt sie. So einen Anreiz hält sie für gefährlich. Es sei besser, wenn sich die Krankenkassen durch die Qualität ihrer Angebote Konkurrenz machten - und nicht durch ihren Sparkurs.

© SZ vom 21.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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