Sondierungen:Verbale Attacken belasten Jamaika-Gespräche

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Die Grünen klagen über "zerstörerische Querschüsse" - aus der CSU heißt es, ihre Basis wolle kein Bündnis mit der Öko-Partei.

Von Nico Fried, Mike Szymanski und Cerstin Gammelin, Berlin

Die entscheidende Phase der Jamaika-Sondierungen wird weiter von Beschimpfungen der möglichen Koalitionspartner überschattet. Während die Spitzenrunde der Verhandlungsführer von Union, FDP und Grünen am Montag damit begann, strittige Themen konkret zu beraten, zeigten sich vor allem zwischen CSU und Grünen erneut deutliche Differenzen über inhaltliche Fragen, aber auch über den Umgang miteinander. Die Sondierer stehen zunehmend unter Zeitdruck, wenn sie ihr selbst gestecktes Ziel erreichen wollen, spätestens in der Nacht zu Freitag die letzten Streitfragen zu lösen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lehnte am Montag ein Entgegenkommen der CSU in der Zuwanderungspolitik ab. "Wir haben mit der CDU ein Regelwerk zur Migration geschaffen. Dieses Regelwerk liegt auf dem Tisch. Und dieses Regelwerk wird umgesetzt", sagte er. Es sei "unverrückbar", da müssten sich "die anderen bewegen". Diese Haltung ist für die Grünen unannehmbar. Fraktionschef Anton Hofreiter griff Dobrindt scharf an: "Statt nach konstruktiven Lösungen zu suchen, belastet er die letzte Woche der Sondierungen weiter mit zerstörerischen Querschüssen", sagte er.

"So geht das nicht." Die Spitzenrunde aus Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, FDP-Parteichef Christian Lindner, dessen Vize Wolfgang Kubicki sowie den grünen Verhandlungsführern Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir hatte am Sonntag bereits bis in die Nacht verhandelt. Dabei zeichnete sich ein weiteres Streitthema ab, die Finanzpolitik. Vor allem die FDP, aber auch Teile der Union halten den bislang ausgewiesenen Spielraum von 30 Milliarden Euro für zu gering, um die Bürger wie versprochen spürbar finanziell zu entlasten. Der Versuch, mehr Geld bereitzustellen, scheiterte allerdings. Er soll am Mittwoch abermals unternommen werden.

Am Montag setzten die Chefs die Gespräche mit jeweils einem Fachexperten jeder Partei fort. Die Ergebnisse müssen geeignet sein, massive Vorbehalte gerade bei Grünen und CSU zu beseitigen. Ein führender CSU-Mann sagte: "In Wahrheit will in unserem Lager die Mehrheit nicht mit den Grünen." Das gelte auch andersherum. Mit der FDP wäre man stattdessen in "zwei Wochen" einig, was eine Koalition anbelangt.

In der umstrittenen Klimapolitik diskutieren die Parteien weiter darüber, in welchem Ausmaß der Kohlestrom zurückgefahren werden müsste, um das nationale Klimaschutzziel 2020 noch zu erreichen. Union und FDP hätten das Abschalten von etwa zehn Kraftwerksblöcken angeboten. Grünen-Chefin Simone Peter sagte, das reiche nicht aus. Die Grünen beharren darauf, dass etwa 20 Kraftwerksblöcke vom Netz müssten.

Beim Thema Digitalisierung gab es dafür eine Einigung. Bis 2025 sollen alle Haushalte mit einer Geschwindigkeit von einem Gigabit pro Sekunde ins Internet gehen können.

"Man merkt deutliche Fortschritte, es gibt Kompromissbereitschaft auf allen Seiten", sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber am Montagabend.

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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