Skepsis in Syrien:Israels Einladung "nicht ernst gemeint"

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Der Vorschlag des israelischen Staatspräsidenten Katzav, sein Amtskollege el Assad solle zu Friedensgesprächen nach Jerusalem kommen, ist für Damaskus kein seriöser Vorschlag: Katzav sei lediglich an "der Gelegenheit für ein Foto" interessiert.

Von Thorsten Schmitz und Christiane Schlötzer

Katzav lud Assad überraschend bei einem Radio-Interview nach Jerusalem ein, "um ernsthafte Verhandlungen zu führen". Syrien reagierte zurückhaltend. Das Angebot werde niemals zu der erhofften Wiederbelebung des Friedensprozesses führen, sagte der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Parlament, Suleiman Haddad.

Die für im Ausland lebende Syrer zuständige Ministerin Bussaina Schaaban sagte dem US-Sender CNN, die Einladung sei "keine ernst gemeinte Antwort" auf ein Gesprächsangebot Assads vom Dezember in der New York Times. Katzav sei lediglich an einer "Gelegenheit für ein Foto" interessiert. Assad werde das Angebot ablehnen. Katzav und Israels Außenminister Silvan Schalom bedauerten die ablehnende Haltung Syriens.

Streit um Trinkwasser

Assad hatte Israel in der New York Times zur Wiederaufnahme von Friedensgesprächen aufgefordert. Diese sollten an dem Punkt fortgesetzt werden, an dem sie im September 2000 unter dem damaligen israelischen Premier Ehud Barak abgebrochen worden waren.

Die von den USA vermittelten Verhandlungen waren ergebnislos verlaufen, weil Israel Syriens Forderung abgelehnt hatte, sich von den Golan-Höhen komplett zurückzuziehen. Barak wollte das Ostufer des See Genezareth nicht an Syrien zurückzugeben. Der See, der sich an der unteren Talsohle des Golan befindet, ist eine der Haupt-Süßwasserquellen Israels. Er steht seit 1967 unter alleiniger Kontrolle Israels.

Die Tageszeitung Maariv berichtete am Montag, Assad sei bereit, auf eine Rückgabe des Ostufers zu verzichten. Israel hatte das 1800 Quadratkilometer große Vulkan-Massiv zwischen See Genezareth und zu Füßen des Hermon-Berges im Sechs-Tage-Krieg von 1967 erobert und 1981 annektiert. In den Golan-Höhen leben etwa 18000 jüdische Siedler.

Am Tag vor der Offerte Katzavs hatte Scharon bei einem Neujahrsempfang für ausländische Journalisten in Jerusalem die grundsätzliche Bereitschaft Israels zu Friedensgesprächen mit Syrien hervorgehoben. Grundbedingung hierfür sei aber, dass Damaskus aufhöre, terroristische Vereinigungen zu unterstützen.

Assad in "schwieriger Situation"

Katzav sagte am Montag, es bestehe kein Zweifel, dass Assad sich in einer "schwierigen Situation" befinde. In Israel herrscht die Auffassung, dass Assad den Artikel in der New York Times in der Absicht geschrieben hat, um sich mit der US-Regierung gutzustellen. Seine Gesprächsabsichten seien daher mit Vorsicht zu genießen, sagte Katzav. Israel müsse aber jede Chance zu einer Wiederaufnahme des Dialogs ergreifen.

Assad hatte auch letzte Woche bei einem als historisch gewerteten Besuch in der Türkei sein Interesse an Gesprächen mit Israel bekundet. Assad verwies dabei auf eine mögliche Vermittlerrolle der Türkei. Ankara hat sich dazu aber bisher nicht klar geäußert. Der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan informierte lediglich den israelischen Botschafter in Ankara, Pinhas Avivi.

Die Türkei-Visite Assads galt als Signal dafür, dass Syrien einen Weg aus der internationalen Isolation sucht. Damaskus wünscht zudem, US-Sanktionen abzuwenden. Washington wirft Syrien vor, nach wie vor den internationalen Terrorismus zu unterstützen. Syrien finanziert und unterstützt mit militärischen Mitteln die pro-iranischen Hisbollah-Milizen, die vom Süd-Libanon aus Israel bekämpfen. Zudem unterhalten die palästinensischen Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad Hauptquartiere in Damaskus.

Brief an Bush

Die USA beschuldigen Syrien seit den Terroranschlägen vom 11. September, diese Gruppen, die auf der US-Liste der Terrorvereinigungen stehen, zu unterstützen.

Der Berater von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Richard Perle, warf Syrien am Montag vor, es erleichtere Terroristen die Einreise in den Irak, wo diese Anschläge auf US-Soldaten verübten. In diesem Zusammenhang wird Erdogan am 28. Januar in Washington US-Präsident George W. Bush einen Brief Assads übergeben.

Wie die türkische Zeitung Aksam berichtete, heißt es in dem Schreiben unter Bezug auf die amerikanische Besetzung des Irak: "Die USA sind unser Nachbar geworden. Sie sind eine Supermacht. Syrien kann sich nicht leisten, die USA herauszufordern." In dem Brief macht Assad aber Israel allein für den Unfrieden in der Region verantwortlich.

© SZ vom 13.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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