Skandal-Fotos:Bilder ohne Beweiskraft

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Die Bild-Zeitung ist sicher, dass sie mit den Aufnahmen der Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan keiner Fälschung aufgesessen ist. Dabei sind immer öfter gefälschte Fotos im Umlauf.

Hans Leyendecker

Es geht auch weit schlimmer. Das 26-Minuten-Privatvideo, das erstmals im Vorjahr unter dem Titel "Ramadi Madness" auf amerikanischen Webseiten zu sehen war, dokumentierte einen Einsatz der US-Infanterie-Einheit "Bravo Company" nahe Bagdad. Ein GI winkt mit dem Arm eines toten irakischen Zivilisten in die Kamera, ein anderer tritt einen gefesselten Gefangenen.

Derartige Fotos von ihren Einsatzorten schicken US-Soldaten häufig an Internetbetreiber in die Heimat, weil sie dann freien Zugang zu Pornoseiten zu bekommen. Jeder Internetnutzer kann Bilder von Kriegseinsätzen in den Kategorien "Allgemein" oder "Blutig" betrachten. Wer die Rubrik "name this body part" anklickt, darf raten, welches Körperteil eines Toten abgelichtet worden ist.

Verglichen mit diesen Scheußlichkeiten waren die Fotos, die ein Mann vergangene Woche einem Bild-Reporter überreichte, eher provinziell. Sie zeigen deutsche Soldaten in Afghanistan, die in verschiedenen Positionen mit einem Totenschädel posierten.

"Umfassende" Prüfung

Es soll sich, so heißt es bei Bild, nicht um einen jener Laien-Reporter gehandelt haben, die neuerdings nach Unfällen oder Begegnungen mit Prominenten Schnappschüsse an das Boulevardblatt verkaufen. Ein altmodischer Informant soll mit den Fotos vorbeigekommen sein.

"Wir haben erst seine Informationen überprüft und dann die Geschichte veröffentlicht", sagt Chefredakteur Kai Diekmann. Dass die Skandalgeschichte ausgerechnet am Tag der Debatte über die Verlängerung des Anti-Terror-Einsatzes der Bundeswehr und der Vorlage des Bundeswehr-Weißbuches erschien, sei ein "Zufall" gewesen. Um den Informanten zu schützen, würden die Originalbilder nicht an Behörden weitergereicht. Die Prüfung der Echtheit der Fotos sei "umfassend" gewesen.

Als Diekmann die Prüfung anordnete, dürfte er das berufliche Schicksal des ehemaligen Chefredakteurs des britischen Boulevardblattes Daily Mirror, Piers Morgan, vor Augen gehabt haben. Dieser musste im Mai 2004 zurücktreten, weil sein Blatt gefälschte Bilder von irakischen Folteropfern gezeigt hatte. "Sorry, wir wurden reingelegt", titelte damals das Blatt.

Private Folterfotos

Gefälschte Fotos tauchen in Kriegszeiten immer wieder auf. Im Sommer dieses Jahres zog die Agentur Reuters 920 Fotos eines rührigen libanesischen Fotografen zurück, der am Computer die Bilder vom Libanon-Krieg überarbeitet hatte und beispielsweise Rauchwolken vermehrte, um den Eindruck einer brennenden Stadt zu verstärken.

Bild-Chef Diekmann ist auch jener Tag noch in schlechter Erinnerung, als dem Blatt ein gefälschtes Bild von der Tsunami-Katastrophe angeboten wurde und es eine Weile dauerte, bis seine Redaktion die Fälschung erkannt hatte.

Fotos von Kriegsschauplätzen in Afghanistan und dem Irak stehen aber auch für die veränderte Zeit. Früher zeigten Kriegsfotografen wie der Amerikaner James Nachtwey das Grauen, um mit Bildern von Leichenbergen, verbrannten Zivilisten, verbrannten Soldaten aufzurütteln. Heute werden abseits der Schlachten von einfachen Soldaten Privatfotos und Homevideos hergestellt. Die privat aufgenommenen Folterfotos aus Abu Ghraib etwa zeigten nackte Gefangene, an eine Hundeleine gekettet, als handele es sich um Personen ohne Identität.

© SZ vom 26.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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