Singapur :Dies ist kein Scherz

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Der Staat fürchtet die teils schockierenden Auftritte der schwedischen Metal-Band "Watain" - und sagt ihr Konzert ab.

Von Arne Perras

Wenn die schwedische Black-Metal-Band Watain auftritt, ist das nichts für schwache Nerven. Da weht schon mal Verwesungsgestank von der Bühne, während die satanisch gekleideten Musiker mit totenbleichen Gesichtern ihre Gitarren bearbeiten. Sie toben im Schein riesiger Fackeln, die man für brennende Mistgabeln halten könnte, wären sie nicht dem teuflischen Symbol des Dreizacks nachempfunden. Als Watain 2014 in Brooklyn auftrat, versprühte die Band angeblich Schweineblut übers Publikum. Einige Fans übergaben sich.

Schockierend, bestialisch, ungeheuerlich. Die Reflexe, die solche Auftritte provozieren, helfen der Band, ihr Profil zu schärfen. Sie will ganz offenkundig eine Gegenwelt verkörpern, der Sänger Erik Danielsson hat es einmal so formuliert: "Die Leute werden ängstlich, wenn ein schwarzer Wolf in die Herde weißer Schafe eindringt."

So weit wollte es der Staat Singapur dann doch nicht kommen lassen. Dort zog die Regierung den Musikern kurz vor ihrem Auftritt den Stecker. Und nun reden alle über die wilden Schweden und darüber, was Kunst eigentlich darf. Es sind Debatten, wie sie auch in anderen Ländern geführt werden, doch in Singapur haben sie besondere Brisanz. Dort setzt der Staat seinen Bürgern ohnehin engere Grenzen als etwa in Europa - zugleich möchte er als Kulturhochburg glänzen. Wie das zusammenpassen soll? Es herrscht Klärungsbedarf, die Straits Times füllte eine Doppelseite mit dem Fall, der nicht nur Fans erbost, sondern auch jene, die sich nicht so gerne in Fragen der Kunst bevormunden lassen.

Die Regierung rechtfertigt den Schritt mit der "Geschichte der Band"; sie habe Christen und Juden beleidigt und zum Verbrennen von Kirchen aufgerufen. Mit dem Verbot revidierte der Staat eine Genehmigung, wonach Watain unter strengen Auflagen vor nicht mehr als 200 über 18-jährigen Besuchern auftreten sollte, ohne antireligiöse Lieder.

Schon Superstar Madonna war in Singapur zahmer aufgetreten als sonst, doch der Gegenwind für Watain war noch schärfer. Kritiker hatten mehr als 17 000 Unterschriften gegen das Konzert gesammelt, sie klagten, es gebe kein gutes Beispiel für die Jugend ab. "Wir müssen uns vorsehen vor jenen, die eine Kultur des Todes befördern", erklärte der katholische Erzbischof William Goh, er warnte vor Kräften, die eine "Saat des Hasses, der Spaltung und der Rebellion ausbringen".

Generell geht die Regierung streng gegen Einflüsse vor, die sie als Bedrohung für den religiösen Frieden einstuft. Bemerkenswert war, dass eine andere Kontroverse in Singapur kaum eine Rolle spielte. 2018 war Watain in Verruf geraten, weil ihr Gitarrist beim Auftritt die Hand in die Höhe gereckt hatte, was aussah wie ein Hitlergruß. Bandchef Danielsson nannte das einen "Scherz" des Kollegen, die Mitglieder von Waitan hätten "keine Verbindungen zur Nazi-Ideologie". Der Gitarrist verließ dann die Band, so verlor sich der Streit wieder.

Das Auftrittsverbot Singapurs geißelte die Band als "altmodisch" und "selbstgerecht". Dann flog sie nach Bangkok, wo sie sich am Samstag austoben konnte. Dort ist nur geächtet, wer gegen Militär oder König aufbegehrt.

© SZ vom 11.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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