Silvesternacht:Amokfahrt in Bottrop

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Ein 50-Jähriger steuert sein Auto in Fußgängergruppen und verletzt mehrere Menschen. Der Mann habe die "klare Absicht" gehabt, Ausländer zu töten, erklärt der Innenminister.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Offenbar aus Fremdenhass ist ein Mann im Ruhrgebiet in der Silvesternacht mit seinem Auto in mehrere Fußgängergruppen gefahren. Dabei wurden mindestens fünf Passanten verletzt, darunter ein Kind und eine Frau, die zeitweilig in Lebensgefahr schwebte. Zu den Verletzten gehören Menschen aus Syrien und Afghanistan. "Es gab die klare Absicht von diesem Mann, Ausländer zu töten", sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Neujahrstag in Bottrop. Der Fall sei "sehr ernst" zu nehmen. Wenige Minuten vor dem Jahreswechsel soll der mutmaßliche Täter im Westen Bottrops zunächst "offensichtlich absichtlich" auf einen einzelnen Fußgänger zugehalten haben, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Dieses mutmaßlich erste Opfer habe sich aber noch retten können.

Danach sei der mutmaßliche Täter, ein 50 Jahre alter Mann aus Essen, wenige Kilometer weiter in die Innenstadt gefahren. Der Deutsche habe sein Auto bewusst in Menschengruppen gesteuert, die größtenteils aus Ausländern bestanden hätten, sagte Innenminister Reul. Die Passanten hatten den Jahreswechsel gefeiert. Einem Augenzeugenvideo zufolge rollte das Auto vergleichsweise langsam in die Menge, sodass sich viele Menschen in Sicherheit bringen konnten. Am Dienstagnachmittag habe noch einer der Verletzten im Krankenhaus gelegen, sagte eine Polizeisprecherin.

"Die Ermittlungsbehörden gehen derzeit von einem gezielten Anschlag aus", teilen Polizei und Staatsanwaltschaft mit, "der möglicherweise in der fremdenfeindlichen Einstellung des Fahrers begründet ist". Die Ermittler haben demnach aber auch "erste Informationen über eine psychische Erkrankung des Fahrers".

Nach der mutmaßlichen Amokfahrt in Bottrop sei der 50-Jährige mit seinem silberfarbenen Mercedes die wenigen Kilometer zurück nach Essen geflüchtet. Er sei dort so auffällig gefahren, dass sich Passanten rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten", sagte Innenminister Reul. Eine Person wurde jedoch verletzt. Der Mann habe auch versucht, in eine Menschengruppe an einer Bushaltestelle zu fahren. Eine Straße weiter hat die Polizei nach eigenen Angaben den Mann dann angehalten und vorläufig festgenommen. "Bereits bei seiner Festnahme äußerte sich der Fahrer mit fremdenfeindlichen Bemerkungen", teilen die Behörden mit. Das Polizeipräsidium Münster führt nun die Ermittlungen und befragt Zeugen. Der mutmaßliche Täter sei bislang nicht polizeilich in Erscheinung getreten, sagte die Polizeipräsidentin von Recklinghausen, Friederike Zurhausen. Bislang sei unklar, ob der Mann derzeit in psychologischer Behandlung sei.

Die mutmaßliche Amokfahrt erinnert an einen Vorfall in Recklinghausen Ende Dezember. Auch damals steuerte ein Autofahrer seinen Wagen in eine Fußgängergruppe, die an einer Bushaltestelle gewartet hatte. Dabei starb eine 88-jährige Frau, acht Menschen wurden verletzt. Ermittlern zufolge war der Autofahrer psychisch erkrankt. Bislang habe die Polizei aber keine Erkenntnisse über einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Fall in Recklinghausen und der Fahrt in der Silvesternacht, sagte eine Sprecherin am Dienstag.

© SZ vom 02.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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