Sicherheit:Berufswunsch: Polizist

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In Berlin lassen sich immer mehr Männer mit Migrationshintergrund ausbilden. Und auffallend wenige Frauen aus Migrantenfamilien.

Von Ronen Steinke, Berlin

Ausbilder an der ins Gerede gekommenen Berliner Polizeiakademie bemängeln, dass Tugenden wie Pünktlichkeit, Höflichkeit oder die Bereitschaft zur Anstrengung "nicht mehr in sehr hohem Maße" vorhanden seien. Die Analyse, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, hatte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) angefordert. Zuvor war anonym Kritik an den Zuständen an der Ausbildungsstätte für den mittleren Dienst geübt worden. Die ebenfalls behauptete Unterwanderung der Akademie durch kriminelle Clans hatten sowohl Geisel als auch der Polizeipräsident kategorisch ausgeschlossen. Jetzt bestätigen die Ausbilder, dass auch sie hierfür keine Anzeichen sähen.

Aufschlussreich sind indes die Zahlen über den Migrantenanteil, die im Bericht zusammengestellt sind. Seit Jahren bemüht sich die Berliner Polizei, mehr Bewerber aus Migrantenfamilien zu gewinnen. Mit Erfolg. Die Veränderung ist deutlich. Zum jüngsten Lehrgangsstart im Herbst 2017 waren es etwa bei der Berliner Kriminalpolizei fast 500 Bewerber mit Migrationshintergrund im Vergleich zu 1151 Bewerbern ohne. Zum Frühjahr 2018, für das sich Bewerber schon anmelden konnten, sind die Verhältnisse wieder so. Ein Drittel der Bewerber kommen aus Migrantenfamilien. Noch vor zehn Jahren, zum Herbst 2007, machten sie bei der Kripo nur zehn Prozent der Bewerber aus.

Allerdings sind es aus Migrantenfamilien offenbar vor allem Männer, die sich angesprochen fühlen. Frauen sind deutlich unterrepräsentiert. Im Frühjahr 2017 etwa stellte die Polizei 98 Bewerber mit Migrationshintergrund für den mittleren Dienst ein. Gleichzeitig stellte sie nur neun Bewerberinnen ein. Diese Diskrepanz ist umso auffälliger, als der Frauenanteil unter den neu eingestellten Polizisten ohne Migrationshintergrund deutlich höher liegt, nämlich bei etwa einem Drittel.

Frauen mit Migrationshintergrund kommen - prozentual betrachtet - sogar immer seltener. Regulär zweimal im Jahr stellt die Berliner Polizei neues Personal ein. Während die Zahl der männlichen Migranten dabei in den vergangenen zehn Jahren stets wuchs - inzwischen sind es mehr als 100 pro Einstellungstermin -, ist die Zahl der Frauen mit Migrationshintergrund niedrig geblieben, nämlich fast immer einstellig.

Der innenpolitische Sprecher der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus, Marcel Luthe, sieht darin ein Indiz für jenes Klima des Sexismus, das der Polizeiakademie zuletzt anonym vorgeworfen wurde. "Was wir nicht brauchen, ist eine Machokultur bei der Polizei", sagte Luthe.

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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