Sicherheit:"Angst, dass es richtig knallt"

Lesezeit: 2 min

Angst vor Krawallen: Etwa 3500 Polizisten aus ganz Deutschland sind in Lübeck im Einsatz. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Die Außenminister der G-7-Staaten treffen sich in Lübeck. Bei den Bürgern wecken die angekündigten Demos die Furcht vor Krawallen.

Von Thomas Hahn, Lübeck

Andreas Sankewitz bleibt dabei. Der Geschäftsführer für die Region Schleswig-Holstein Südost des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) findet es auch am Montag noch richtig, dass der DGB seine Demonstration im Rahmen des Lübecker G-7-Treffens abgesagt hat. Eine kleine Diskussion ist entbrannt über die Frage, ob das nötig war. Christoph Kleine, Sprecher der Initiative Stop G 7, nennt die Entscheidung "Panikmache". Aber das ficht Sankewitz nicht an: "Wir haben insgesamt die Lage der letzten Wochen beobachtet", sagt er, "wir können nicht ausschließen, dass Leute nach Lübeck kommen, die Schaden anrichten." Die Demonstration war neben einer Sicherheitszone geplant. Das war dem DGB zu riskant, erst recht nach den Erfahrungen von Frankfurt.

Die Krawalle von Kapitalismusgegnern bei der Eröffnung der Europäischen Zentralbank am Main vor drei Wochen wirken nach: Sie haben den Menschen die Bilder von brennenden Autos und fliegenden Steinen ins Gedächtnis gesetzt, 200 Menschen wurden bei der Randale verletzt. Vor der Zusammenkunft der Außenminister aus den sieben größten westlich orientierten Industrienationen an diesem Dienstag und Mittwoch in Lübeck herrscht deshalb eine Atmosphäre der Vorsicht. Ladenbesitzer wollen ihre Geschäfte geschlossen lassen. Der DGB zieht sich zurück - wenn auch nicht nur wegen der Frankfurter Eindrücke, wie Sankewitz betont. In den Lübecker Nachrichten sagt eine Anwohnerin sogar: "Ich habe Angst, dass es richtig knallt. Ich denke sofort an Frankfurt." Und über allem liegt die Frage: Wie gefährlich ist dieses Treffen wirklich?

Etwa 3500 Polizisten aus ganz Deutschland sind in Lübeck im Einsatz, laut der städtischen Polizeidirektion kostet der Einsatz das Land Schleswig-Holstein 4,6 Millionen Euro. Zahlreiche Protestveranstaltungen sind geplant, die erste war schon für Montagabend vorgesehen, eine Nachttanzdemo "gegen die Traurigkeit des kapitalistischen Systems". Und von allen Seiten heißt es, dass es keinen Grund zur Sorge gebe. "Wir rechnen nicht mit großen Störungen während des Demonstrationsgeschehens", sagt Polizeidirektor Bernd Olbrich. Christoph Kleine, der zuletzt in Frankfurt auch als Sprecher des kapitalismuskritischen Bündnisses Blockupy auftrat, sagt: "Es wird keine vergleichbaren Dinge wie in Frankfurt geben." Er verweist auf den Stop-G7-Aktionskonsens, in dem es heißt: "Von uns geht keine Eskalation aus." Und er sagt: Der Frankfurter Bankenprotest habe Linksaktivisten aus europäischen Finanzkrisengebieten angezogen, das sei beim Lübecker G7-Treffen nicht der Fall.

"Ablenkungsdebatte" nennt Tobias Pflüger aus dem Parteivorstand der Linken die Diskussion über die Sicherheit nach den Geschehnissen von Frankfurt. Er möchte lieber über seine Kritik an den großen Industrienationen reden, über deren Russland- und Machtpolitik. Über Inhalte eben, wie es sich gehört. Die Sorgen mancher Lübecker Normalbürger sind allerdings trotzdem da.

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: