Showbusiness:Eastside Story

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Ein Produzent will japanische Musicals groß rausbringen. Aber haben sie eine Chance auf den Bühnen der Welt?

Von Thomas Hahn

Die Premiere kommende Woche in Tokio ist für den Musical-Produzenten Yoshitaka Hori so etwas wie der erste Schritt eines neuen Anlaufs. Zur Aufführung kommt mit neuer Besetzung das Stück "Death Note" - die Adaption einer Manga-Serie. Das Musical hat Horis Produktionsfirma schon vor Jahren erdacht und zwar ausdrücklich für den nicht-japanischen Markt. Dass die Geschichte um einen unterforderten Schüler, der mittels Zauber-Notizbuch Gangster umbringen kann, sich nun noch mal in der Heimat bewähren muss, soll nicht heißen, dass Hori sein Ziel aufgegeben hätte. Im Gegenteil. In der Japan Times hat er gesagt: "Es ist Zeit für große Theater wie jene am Broadway, Produktionen wie ,Death Note' auf der Liste zu haben."

In Nippon schrumpft die Bevölkerung, also auch der Zuschauernachwuchs. Deshalb orientieren sich viele japanische Unterhaltungsfirmen Richtung Ausland. So wie etwa die Produzenten japanischer Zeichentrickfilme (Anime), die längst auch mit amerikanischen Streaming-Diensten Geschäfte machen. Insofern liegt Yoshitaka Hori im Trend, wenn er das japanische Musical an den Traditionsstätten des Gesangstheatergewerbes etablieren will, am besagten Broadway in New York oder im Londoner West End.

Etwas kühn wirkt seine Ansage ans Establishment trotzdem. Denn anders als der japanische Zeichentrickfilm oder der japanische Comic hat das japanische Musical bisher nicht sonderlich große Beachtung gefunden. In Japan selbst haben Musical-Filme Tradition, in den Theatern spielt man dagegen eher importierte Klassiker. Hori selbst hat schon "Mary Poppins" oder "Billy Elliot" inszenieren lassen. Japanische Werke seien im Ausland "bislang nur einem Insider-Publikum bekannt", sagt auch Stephan Jaekel, Sprecher der international tätigen niederländischen Musical-Produktion Stage Entertainment, die etwa in Hamburg seit 2001 den "König der Löwen" aufführt.

Damit will er nicht angedeutet haben, dass die Szene kein Interesse an Stoffen aus Japan hätte. Als "Death Note" 2015 herauskam, wollten internationale Medien durchaus wissen, wie Manga auf der Bühne wirkt. Über Südkorea und Taiwan ist das Stück dann trotzdem nicht hinausgekommen. Musical-Export ist aber auch schwierig - und laut Jaekel "vor allem kaum planbar". Das Musical-Publikum will Inhalte, zu denen es einen Bezug hat: "Bekannte Musik oder eine berührende, leicht greifbare Geschichte", sagt Jaekel. 2014 ließ Stage Entertainment Sönke Wortmanns Spielfilm "Das Wunder von Bern" über den WM-Sieg der deutschen Fußballer von 1954 als Musical inszenieren. Dass das Thema zu deutsch sein würde für Broadway und West End, war von Anfang an klar.

Keine Chance also für Yoshitaka Hori? Nicht unbedingt. Vielleicht findet er den richtigen Manga-Stoff und verbindet ihn so geschickt mit bewährten Stilmitteln, dass der Broadway jubelt. Ob das dann wirklich ein japanisches Musical ist oder eher das Musical aus einer japanischen Firma, fand er schon bei "Death Note" nicht so wichtig. Die Musik dafür schrieb damals der Hit-Komponist Frank Wildhorn, ein Amerikaner.

© SZ vom 18.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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