Schweiz:"Ihr Blut soll auf sie kommen"

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Ein Schwulen-Verband zeigt den Schweizer Bischof Vitus Huonder an, weil der auf einem katholischen Kongress Bibelstellen als "authentische Gottesworte" vortrug, in denen die Todesstrafe für Schwule gefordert wird.

Von Charlotte theile, Zürich

"Freude am Glauben" war das Motto eines Kongresses, den das Forum deutscher Katholiken vor gut einer Woche in Fulda abgehalten hat. Live übertragen von einem katholischen Fernsehsender wollte man diskutieren, "unter anderem über Ehe und Familie". Inzwischen dürfte sich die Freude der Gläubigen etwas abgeschwächt haben. Einer der prominenten Redner, Bischof Vitus Huonder aus dem Bistum Chur in der Schweiz, könnte sich für seine Aussagen in Fulda vor Gericht verantworten müssen. Pink Cross, der Dachverband der Schwulen in der Schweiz, hat ihn am Montag bei der Staatsanwaltschaft Graubünden angezeigt: Der Bischof habe öffentlich zu Gewalt gegen Homosexuelle aufgerufen. Sollte Vitus Huonder verurteilt werden, drohen ihm bis zu drei Jahre Haft. So sieht es der Paragraf 259 des schweizerischen Strafgesetzbuches bei "Verbrechen oder Vergehen gegen den öffentlichen Frieden" vor.

Die ausgewählte Bibelstelle erzählt von der Todesstrafe für Sex unter Männern

Huonder hatte in Fulda aus dem Alten Testament zitiert. Unter dem Beifall der Zuhörer las der Schweizer Bischof Passagen aus dem dritten Buch Mose vor. "Du darfst nicht mit einem Mann schlafen, wie man mit einer Frau schläft; das wäre ein Gräuel. Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen."

Zu Beginn seiner Rede hatte der Bischof betont, die verwendeten Bibelstellen seien authentische Gottesworte, geeignet, den Gläubigen "die Kenntnis und den Willen" zu vermitteln, "unser Leben danach zu gestalten". Auch sollten die Zitate helfen, Ehe, Sexualität und Familie und "den damit verbundenen Auftrag" zu verstehen.

Für den Verband Pink Cross lassen diese Worte nur einen Schluss zu: Sex unter Männern sollte wieder mit dem Tod bestraft werden. Bastian Baumann, Geschäftsleiter des Verbands Pink Cross, sieht hierin eine Grenzüberschreitung. "Natürlich darf der Bischof so viel aus der Bibel zitieren wie er möchte. Wenn er aber ein Zitat, das als Rechtfertigung für die Todesstrafe an Homosexuellen verwendet wurde, auswählt und betont, dass es sich um authentische Gottesworte handelt, ist das ein Freipass zur Gewalt."

Dass Vitus Huonder kurz nach seinem Vortrag eine Mitteilung mit dem Titel "Bedauern über Missverständnis" veröffentlichte, in der er betont, Homosexuellen sei mit "Achtung, Mitleid und Takt" zu begegnen, macht die Sache für Baumann nicht besser. "Eine Entschuldigung zu veröffentlichen, in der man Homosexuelle gleich wieder diffamiert, ist nicht hilfreich." Und an ein Missverständnis will Baumann auch nicht glauben.

Innerhalb der katholischen Kirche wächst derweil der Widerstand gegen Huonder. Die Allianz "Es reicht", zu der unter anderem der Katholische Frauenbund der Schweiz gehört, hat Huonder öffentlich widersprochen. Die Vereinigung versucht seit Längerem, auf Veränderungen im extrem konservativen Bistum Chur hinzuwirken. Vom Bistum selbst hieß es, Huonder wolle in den nächsten Tagen zu seinem Vortrag in Fulda Stellung nehmen.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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