Schweiz:Ein Skandal zu viel

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Der Kanton Wallis hat den rechten Staatsrat Freysinger abgewählt. Dass er eine Reichskriegsflagge im Büro hatte, ist nur eine seiner Sonderlichkeiten.

Von Charlotte Theile, Zürich

Oskar Freysinger, einer der bekanntesten Politiker der Schweiz, ist am Sonntag aus der Regierung des Kanton Wallis gewählt worden. Der 56-Jährige hatte vor vier Jahren das beste Resultat aller fünf Staatsräte erzielt. Doch der Walliser, der am rechten Rand der Schweizerischen Volkspartei (SVP) Politik machte, war zuletzt mit zahlreichen Skandalen in Verbindung gebracht worden. Lange Zeit hatte ihm diese wenig anhaben können: Dass der gelernte Gymnasiallehrer eine Reichskriegsflagge in seinem Büro aufgehängt hatte, ist seit Jahren bekannt. Doch in den vergangen Monaten wurde immer deutlicher, dass Freysinger, der im Wallis für Bildung und Justiz zuständig war, enge Kontakte zu Rechtsextremen in ganz Europa pflegt und ihre Auffassungen teilen dürfte.

So trat Freysinger, der 2012 zu einem von sieben Vize-Präsidenten der SVP gewählt wurde, im November mit Pegida-Gründer Lutz Bachmann und der Identitären Bewegung auf. Er reiste nach Moskau und lobte im russischen Staatsfernsehen die Politik Wladimir Putins, er machte mit Slobodan Despot einen Mann zu seinem "externen Kommunikationsberater", der den Genozid in Srebrenica leugnet. Freysingers größter Fehler aber dürfte die Beschäftigung von Piero Falotti gewesen sein, einem Schweizer mit italienischen Wurzeln und Hang zu Untergangsszenarien. Dieser hatte in einem Radio-Interview gesagt: "Wir retten die Kranken, die Behinderten, alle, die wir wollen. Sehr gut, das gibt uns ein gutes Gewissen, aber das ist nicht, wie man eine Zivilisation aufbaut, sondern wie man sie zerstört. Es liegt in unserer Natur, eine Waffen-SS zu sein." Nachdem sich dieses Interview über Social Media verbreitet hatte, war Freysinger für viele im katholischen Wallis unwählbar geworden.

Die Spitze der SVP hatte den Walliser stets auf Abstand gehalten. Mit Lederjacke und langen Haaren war er der Partei-Rebell. Freysinger begreift sich als Schriftsteller, er hat Gedichte, Lieder und zahlreiche Bücher veröffentlicht, auch hier gab es rassistische Zwischentöne. SVP-Patron Christoph Blocher sagte über ihn: "Er ist ein Undichter" - ließ ihn aber gewähren. Der Erfolg schien Freysinger Recht zu geben.

2017 versuchte seine SVP den Angriff auf die im Wallis dominanten Anhänger der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP). In einem aggressiven Wahlkampf wurde das uneheliche Kind eines CVP-Politikers thematisiert. Bei den Wählern kam das nicht gut an. Es ist das erste Mal seit Beginn des Zweiten Weltkrieges, dass im Wallis ein amtierender Staatsrat abgewählt wurde.

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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