Schweiz:Dämpfer für Schweizer Rechte

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Die Populisten wollten, dass im Zweifel nationales Recht über internationalen Verträgen steht. Doch das Volk lehnte ab.

Von Charlotte Theile, Zürich

Es klang nach einem Selbstläufer. Die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SVP), seit Jahren die stärkste politische Kraft im Land, wollte die Verfassung der Schweiz um einen Passus erweitern: Wenn sich ein Widerspruch ergeben sollte zwischen den internationalen Verträgen des Landes und der Verfassung, die die Schweizer mit Volksabstimmungen immer wieder erneuern, ginge das Schweizer Recht in jedem Fall vor. Verträge, die mit diesem Recht in Konflikt stünden, sollten im Zweifel gekündigt werden. Präzedenzfall wäre wohl die Europäische Menschenrechtskonvention gewesen. Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte haben die Schweiz schon mehrmals gerügt, etwa wegen ihrer Abschiebepraxis.

Die SVP versuchte, diese Fragestellung auf eine einfache Formel herunterzubrechen: Wer für die direkte Demokratie sei, müsse auch für diese Initiative stimmen, hieß es auf den Plakaten, die in den vergangenen Wochen im Land aufgehängt wurden. Doch die verkürzte Botschaft verfing nicht: Nur ein Drittel der Stimmberechtigten votierte für die Selbstbestimmungsinitiative. Dies ist eine deutliche Niederlage. Damit ist auch die eher sanfte Kampagne, mit der die rechtslastige Partei dieses Mal ins Rennen gestiegen war, gescheitert. Statt wie sonst mit kalkulierten Provokationen zu werben, setzte die SVP dieses Mal auf nachdenkliche junge Menschen, sanfte Töne - und verzichtete auf den Plakaten sogar auf das eigene Parteilogo.

Die Gegner der SVP warfen der Partei vor, mit falschen Fakten und Verschwörungstheorien operiert zu haben, was SVP-Präsident Albert Rösti gegenüber der SZ jedoch klar zurückwies: Er habe "ein gutes Gewissen" - die Abstimmung sei keine "Links-rechts-Frage" gewesen, sondern eine über die Zukunft der direkten Demokratie. So sei auch der ungewöhnliche Abstimmungskampf zu verstehen.

Dennoch zeigte sich die SVP enttäuscht - in den vergangenen Jahren hat die Partei an der Urne immer wieder verloren. Für Laura Zimmermann, die als Gesicht der Jugendorganisation Operation Libero erneut gegen die einst übermächtige SVP gewonnen hat, ist dieses Votum ein Signal für die nationalen Wahlen im Herbst. "Es gibt einen Aufstand der politikinteressierten jungen Menschen im Land. Das weiß die SVP. Sie wird es 2019 nicht leicht haben."

Der Bundesrat, der empfohlen hatte, die SVP-Initiative abzulehnen, dürfte sich an diesem Sonntag bestätigt sehen: Während ein Gesetz, das den Versicherungen weitreichende Befugnisse bei der Überwachung ihrer Versicherten einräumte, klar bestätigt wurde, scheiterte Biobauer Armin Capaul mit seiner Hornkuh-Initiative knapp. Beide Voten hatte die Regierung in Bern den Schweizern nahegelegt.

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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