Schwarz-Gelb einigt sich auf Steuersenkung ab 2013:Schäuble fordert Sparvorschläge von FDP

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Die Parteichefs von Union und FDP haben sich in einem Grundsatzbeschluss auf Steuerentlastungen von 2013 an geeinigt. Allerdings sieht Finanzminister Schäuble dafür nur bedingt Spielräume. Einem Medienbericht zufolge macht er eine deutliche Ansage: Die FDP solle sich eine mögliche Steuersenkung durch Sparvorschläge verdienen.

Die FDP soll sich nach dem Willen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine mögliche Steuerentlastung durch Einsparvorschläge im Bundeshaushalt verdienen. Der Etatentwurf für 2012 und die damit verbundene Finanzplanung bis 2015, über die Schäuble am Mittwoch im Kabinett abstimmen lässt, sieht bislang keine Steuersenkungen in den kommenden Jahren vor, wie das Nachrichtenmagazin Focus berichtet.

Angeblich war alles mit dem Finanzministerium abgestimmt: Schwarz-Gelb will Steuern senken, doch Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht dafür nach wie vor keinen Spielraum. (Foto: dpa)

Am Sonntag war bekanntgeworden, dass die Bundesregierung trotz enger Finanz-Spielräume Steuern und Sozialabgaben zum 1. Januar 2013 senken will. Auf dieses Datum im Jahr der Bundestagswahl verständigten sich die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP, bestätigten die Liberalen. Konkrete Zahlen zum Umfang der Entlastungen, die bereits vor etwa zehn Tagen für 2013 angekündigt worden waren, stehen demnach noch nicht fest.

Das Gesamtpaket soll im Herbst stehen. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sprach in der ARD von einem "Grundlagenbeschluss" der Koalitionsspitzen, dem genauere Zahlen folgen würden. Nach ZDF-Informationen aus Koalitionskreisen soll es um einen einstelligen Milliardenbetrag gehen. Mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble war die Erklärung der Parteichefs nach Aussage eines Schäuble-Sprechers abgestimmt.

Doch Schäuble bleibt bei seiner Haltung: Er sieht trotz Konjunkturbooms und sprudelnder Einnahmen angesichts weiterer Milliarden-Risiken kaum Spielraum für Steuersenkungen. Diese könnten sich deshalb nur durch zusätzliche Einsparungen sowie den Verzicht auf großzügige Sicherheitspuffer ergeben, berichtet der Focus aus dem Umfeld des Ministers. Ohne Sparvorschläge im Etat wolle der Bundesfinanzminister keine Steuerentlastung mitmachen. Schäubles Ziel bleibe, das Defizit weiter zu verringern. 2014 und 2015 muss er dafür auch nach der eigenen Planung noch jeweils 4,8 Milliarden Euro streichen.

Im Spiegel verwies Schäuble auf den Schuldenberg Deutschlands: "Wenn wir im Jahr 2012 eine Neuverschuldung von unter 30 Milliarden Euro eingehen, dann kommen diese zu den etwa 1300 Milliarden Euro noch hinzu, die der Bund ohnehin schon an Schulden hat." Um die Regeln der Schuldenbremse ab 2016 einzuhalten, sei noch ein weiter Weg zu gehen.

Die Haushaltslage habe sich verbessert, sei aber noch nicht zufriedenstellend, hieß es aus dem Finanzministerium. Die Neuverschuldung werde 2012 immer noch mehr als doppelt so hoch ausfallen wie 2008. Zwar dürften die Steuereinnahmen unterm Strich auch 2012 um zwei Milliarden Euro höher sein als im Mai vorhergesagt. Und auch bei der nächsten Steuerschätzung im November sei eine Korrektur nach oben wahrscheinlich. Es gebe aber weiter hohe Haushaltsrisiken und neue Milliardenlasten etwa durch den künftigen Euro-Rettungsfonds ESM.

SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert (SPD) ein striktes Nein von Schäuble zu Steuersenkungen. "Der Finanzminister muss jetzt zeigen, dass er kräftig dagegenhält. Niemand kann ihn zwingen, das mitzumachen", sagte Gabriel im WDR-Hörfunk. Die geplanten Steuersenkungen seien "Wahlgeschenke, von denen keiner was hat".

Bei den Steuersenkungen will die Koalition nach eigenen Angaben an ihren Sparbemühungen festhalten: "Gleichzeitig setzt die Koalition ihren Konsolidierungskurs fort. Die Schuldenregel wird eingehalten", heißt es in dem Papier der Parteichefs vom Sonntag. "Die gute wirtschaftliche Entwicklung sorgt aber dafür, dass beides möglich ist: Die Sanierung des Bundeshaushalts und die Entlastung der Bürger." Weiterer finanzieller Freiraum für die Bürger sei auch für die wirtschaftliche Entwicklung wichtig: "Dies ist eine wichtige Voraussetzung für mehr Konsum und mehr Investitionen. Die Binnennachfrage wird gestärkt. Steuerpolitik ist damit auch Wachstumspolitik."

Der CDU-Bundesvorstand will sich an diesem Montag mit dem Thema Steuersenkungen befassen. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wertete den Beschluss der Parteispitzen als "Bestätigung" des Koalitionskurses für Steuerentlastungen, betonte aber auch die Bedeutung des Schuldenabbaus.

FDP-Generalsekretär Lindner versicherte: "Was Konsolidierungen (des Haushalts) betrifft, da lassen wir uns von niemandem übertreffen." Innerhalb der CSU gab es nach Informationen der Bild-Zeitung am Freitag Gespräche zwischen der Chefin der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, und Seehofer.

Kritik an den Plänen kommt aus der Wirtschaft: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warf der schwarz-gelben Koalition fehlenden steuerpolitischen Tiefgang vor. Nicht jeder, der sich berufen fühle, über Steuerpolitik zu reden, habe sich zuvor ausreichend bemüht, "strukturelle Lösungen für diese komplexe Materie zu erarbeiten und durchzusetzen", sagte BDI-Präsident Hans-Peter Keitel der Nachrichtenagentur dpa.

Die jüngste Steuersenkungsdebatte sei ohne Not vom Zaun gebrochen worden, kritisierte BDI-Präsident Keitel. Zudem zeige sich, dass über eine beliebige Steuerentlastung um der Entlastung willen geredet werde. Die eigentlichen strukturellen Probleme der Steuergesetzgebung würden nicht angegangen. "Denn dort wird der Boden hart." Finanzminister Wolfgang Schäuble habe jedenfalls recht mit seinem Kurs, der Haushaltskonsolidierung Vorrang einzuräumen, machte Keitel deutlich. Er sagte weiter: "Die Wirtschaft ist in Deutschland im Moment in einer so hervorragenden Verfassung, dass der fahrlässige Schluss gezogen werden könnte: Das geht auch mit zusätzlichen Lasten gerade so weiter."

Harsche Kritik an den Plänen kam aus der SPD vom stellvertretenden Bundestags-Fraktionschef Joachim Poß: "Es geht nur darum, den Bürgerinnen und Bürgern kurz vor der Sommerpause den Weihnachtsmann zu schicken." Im ARD- Morgenmagazin erklärte er, die Regierung sollte keine Steuersenkung auf Pump machen. Es würden in diesem Jahr auf Bundesebene schon fast 30 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen, das sei "eine ungedeckte Rechnung". Poß forderte: "Man muss auch Gegenfinanzierungsvorschläge nennen." Die SPD-geführten Länder würden Steuersenkungen im Bundesrat nicht zustimmen.

© sueddeutsche.de/dpa/dapd/Reuters/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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